EIN PROSECCO FÜR GOETHE


Museum, Bibliothek, Treffpunkt, Ort für Lesungen und Debatten – die Casa di Goethe in Rom feiert ihr 20jähriges Bestehen.

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Eine weinrote Fahne zum Zeichen – die Casa di Goethe in der Via del Corso

Rom – Bei Goethens darf gefeiert werden. 1997, vor zwanzig Jahren, wurde in der Via del Corso 18 die Casa di Goethe, das einzige deutsche Museum im Ausland (Träger ist der Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute – AsKI) eröffnet. In den Räumen im ersten Stock des spätbarocken Baus hatte der Maler Johann Heinrich Tischbein am Ende des 18. Jahrhunderts zusammen mit anderen Künstlern in einer geräumigen Atelierwohnung gelebt. Goethe fand hier bei zwei langen Romaufenthalten auf seiner italienischen Reise zwischen 1786 und 1788 Unterkunft. Als Hinweis auf den Genius des Ortes kann man Tischbeins Aquarell mit der Rückenansicht des deutschen Dichters an eben jenem Fenster der Wohnung sehen, neben dem das Bild jetzt hängt.

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Johann Heinrich Wilhelm Tischbein: Goethe am Fenster der römischen Wohnung (Aquarell, 1787)

Gründungsdirektorin Ursula Bongaerts hatte die Einrichtung, die durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefördert wird, von Anfang an mit einer festen Sammlung von Gemälden, Zeichnungen und Objekten aus der Goethezeit ausgestattet. Wechselnde Ausstellungen,  Lesungen und Diskussionsveranstaltungen hatten die Casa di Goethe dann zu einem quicklebendigen Kulturhaus mit rund 20.000 Besuchern im Jahr werden lassen. Die umtriebige Rheinländerin wollte mit der Einrichtung an der Via del Corso nicht nur an den großen Dichter in Rom erinnern, sondern auch an die Tradition der Auseinandersetzung deutscher Intellektueller, Schriftsteller, Künstler, Musiker mit Italien.

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Aus Tischbeins Zeiten – Raum mit einer Kopie des berühmten Goethe-Gemäldes

Eine wichtige Goethe-Bibliothek, die der Sammler Richard W. Dorn in den 1960er Jahren zusammen getragen hatte und angekauft werden konnte, hat die Casa di Goethe außerdem zu einem festen Bezugspunkt für die italienische Germanistik gemacht. Von Sponsoren unterstütze Stipendien fördern Forschungsarbeiten von jungen deutschen Wissenschaftlern.

Ein europäisches Literaturhaus

Im Jahr 2012 konnte eine darüberliegende Wohnung dazu gekauft werden, in der seitdem Veranstaltungen stattfinden. Das sind ausgerechnet die Räume, in der zwischen 1973 und 1982 das Freie Deutsche Hochstift aus Frankfurt auf Mietbasis ein erstes Goethe-Museum in Rom eingerichtet hatte. Hier wurde jetzt die historische Bibliothek des Deutschen Künstlervereins in Rom aufgestellt, der sich 1926 aufgelöst hatte.

Die Publizistin und Literaturwissenschaftlerin Maria Gazzetti hat inzwischen die Arbeit von Ursula Bongaerts, die an die Kulturstiftung des Bundes in Halle wechselte, erfolgreich weiter führen können. Maria Gazzetti sieht die Casa di Goethe gleich einem „europäisches Literaturhaus“, wie sie jetzt am 30. Oktober auf der Festveranstaltung zum 20jährigen Bestehen sagte. Hier können sich deutsche und italienische Künstler und Autoren treffen. Die deutsche Italiensehnsucht wird nicht nur vorgeführt, sondern darf auch kritisch hinterfragt werden.

Sammeln am Corso

Zum Jubiläum wurde eine neue Wechselausstellung eröffnet, die unter dem Titel „Collezionare al Corso“ einen Querschnitt durch den eigenen Sammlungsbestand präsentiert. Zu sehen sind Arbeiten von Angelika Kauffmann bis James Merigot, von Jakop Philipp Hackert bis Noel François Bertrand. Von Goethes römischen Hausgenossen Friedrich Bury werden in einem eigenen Raum bislang nie gezeigte Skizzenbücher ausgestellt. Geschnitten werden diese historischen Sammlungsstücke mit Arbeiten der Gegenwartskunst wie mit drei kurzen Romvideos von Christoph Brech. Es gebe keine „alte Kunst“, sagt Maria Gazzetti, Künstler würden auch durch die Zeiten hindurch miteinander kommunizieren. Die in Rom lebende deutsche Kunsthistorikern Claudia Nordhoff hat die Ausstellung kuratiert und zeichnet auch für den Sammlungskatalog verantwortlich, der jetzt zum Jubiläum erschienen ist. Auch darauf wurde am Festabend mit Prosecco angestoßen.

Casa di Goethe / Bestandskatalog. Von Claudia Nordhoff. Edition Casa di Goethe, Rom 2017. 2 Bände, 262 bzw. 182 Seiten, 35 Euro

Collezionare al Corso – Sammeln am Corso. Zeichnungen, graphische Arbeiten und Skizzenbücher der Casa di Goethe. Bis 14.1.

Info: www.casadigoethe.it/de/