im Kino: Sole cuore amore


Der Film von Daniele Vicari geht trotz dramaturgischer Schwächen unter die Haut.

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Überzeugend – Isabella Ragonese als Eli, die sich zwischen Arbeit und Familie aufreibt

Mailand (Cinema Mexiko) – Der Titel – „Sole cuore amore“ – klingt nach Sommerkomödie. Doch der Film von Daniele Vicari erzählt eine ganz andere Geschichte. Eli lebt mit ihrem chronisch arbeitslosen Ehemann und vier Kindern in Pomezia. Sie fährt jeden Morgen, sieben Tage in der Woche, nach Rom, 2 Stunden hin, 2 Stunden zurück, um acht Stunden in einer Kaffee-Bar zu arbeiten. Unter ihr wohnt Vale, Tänzerin und Performerin, die eine konfliktvolle Beziehung mit ihrer Mutter durchlebt. Zugleich fühlt sich Vale von ihrer Tanzpartnerin angezogen. Eli und Vale, in gleichsam geschwisterlicher Solidarität verbunden, müssen einen Alltag bestehen, in dem Arbeit Mangelware bleibt oder in einer von Prekariat bestimmten Schattenwirtschaft kaum das Überleben ermöglicht. Und in dem Familie, Liebe gar, auf wenige Gesten reduziert wird. Wie Elis älteste Tochter sagt: „Wenn Frau werden heißt, ein Leben wie Du zu führen, dann möchte ich lieber sterben.“

Die Geschichte von opfervollen Lebenssituationen geht unter die Haut, obgleich sie streckenweise fast anfängerhaft erzählt wird: Mit absurden, viel zu langen Tanzeinblendungen und gelegentlich schwerfälligen Dialogen, die verhindern, dass der Film besonders im ersten Teil Rhythmus bekommt. Dabei kennt sich Daniele Vicari (geboren 1967 in Rieti) im Fach aus. Er hatte lange als Filmkritiker gearbeitet und sich anschließend als politisch engagierter Dokumentarfilmer einen Namen gemacht. Für seinen ersten Spielfilm „Velocità massima“ wurde er 2003 mit einem David di Donatello, dem höchsten italienischen Filmpreis, ausgezeichnet. In „Diaz-Don’t Clean Up This Blood“, der auf der Berlinale 2012 einen Publikumspreis erhielt, mischte er Spielszenen mit Archivmaterial über die Misshandlung von G8-Demonstranten in Genua 2001. In Rom leitet Vicari eine Filmschule. In seinem jüngsten Film aber hat er sich zu einer Choreografie hinreißen lassen, die so hinreißend nicht ist.

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Suche nach einem Freiraum – Eva Grieco als Performerin Vale

Überzeugend dagegen die beiden Hauptdarstellerinnen, besonders Isabella Ragonese (Eli) – die man zuletzt temperamentvoll in „Padre d’Italia“ erleben konnte – und die Tänzerin Eva Grieco (Vale), sowie in einer Nebenrolle Francesco Acquaroli als Besitzer der Bar, für die Eli ihr Leben lässt.

Sole cuore amore. Buch und Regie: Daniele Vicari. Kamera: Gherardo Gossi. Musik: Stefano Di Battista. Mit u.a. Isabella Ragonese, Eva Grieco, Francesco Montanari und Francesco Acquaroli. Produktion: Fondango / Rai Cinema. Italien 2016/17.

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