LOTTE IM VALOIS


„Sylvie“ von Gérard de Nerval, Umberto Eco und Burkhart Kroeber

Das Valois nach einer Karte von 1620

Das Valois nach einer Karte von 1620

Mailand – Anzuzeigen ist ein kleines Buch von europäischem Format. Es enthält die zauberhafte Erzählung „Sylvie. Erinnerungen ans Valois“ von Gérard de Nerval, die 1853 zum ersten Mal erschien, auf Französisch und Deutsch. Dazu den Essay „Der Nebel zwischen den Wörtern“, in dem der Italiener Umberto Eco sich mit dem Text auseinandersetzt. Und versucht, das Faszinosum einer Lektüre zu erklären ( – was allerdings nicht immer möglich ist und vielleicht manchmal nur nachgefühlt werden kann).

Gérard de Nerval (1808 - 1855)

Gérard de Nerval (1808 – 1855)

Hinter dem Pseudonym Gérard de Nerval verbirgt sich der Autor, Dramaturg und Übersetzer (u.a. auch von Goethes Faust) Gérard Labrunie. Geboren 1808 in Paris nahm er sich 1855 das Leben. Die letzten Jahre vor seinem Tod litt er unter einer starken Nervenkrankheit, der er fiebriges Schreiben entgegen setzte. Als eines seiner Hauptwerke gilt der posthum erschienende Prosatext „Aurélia“. Die Ich-Erzählung „Sylvie“ beschreibt die verzweifelte und zugleich romantische Suche des Protagonisten nach einer Liebe, die sich gleichsam aus drei Frauenpersönlichkeiten (einer Adeligen, einer Bauerstochter und einer Schauspielerin) zusammensetzt.

Eine zart hingetuschte Geschichte

Eine Suche voller Erinnerungen und Träumereien, die sich mit der Landschaft des Valois nordöstlich von Paris verbinden. In dieser, so Eco, „zart hingetuschten“ Geschichte kann der Protagonist schließlich keine der drei Frauengestalten gewinnen und verliert die Liebe. Melancholie und Ironie gehen bei „Sylvie“ Hand in Hand. Und es öffnen sich Bezüge zum Werther, den der Deutschlandkenner Nerval am Ende selbst ins Spiel bringt. Es ist Ecos Essay zu verdanken, dass Nervals sentimentale Reisen ins Valois nicht als Phantasien eines Wahnsinnigen erscheinen, sondern als eine höchst geschickt gebaute Erzählung „voller Symmetrien, Gegenüberstellungen, inneren Entsprechungen und Bezugnahmen.“

Burkhart Kroeber hat beide Texte herausgegeben und übersetzt. Seine Kommentare und Erläuterungen zur Übersetzung greifen oft auf die von Ecos Übertragung ins Italienische zurück. So verbindet sich literarisches mit intellektuellem Vergnügen. Selten waren derart tiefe Einblicke in die Arbeit des Übersetzers, der vor allem ein kultureller Vermittler ist, möglich.

Gérard de Narval: „Sylvie. Erinnerungen ans Valois“. Französisch-Deutsch. Mit dem Essay „Der Nebel zwischen den Wörtern“ von Umberto Eco. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Burkhart Kroeber. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Mainz 2016. 192 Seiten, 18 Euro