im Theater: Bestie di scena


Die Uraufführung von Emma Dantes neuestem Stück am Piccolo Theater

copyright Piccolo Teatro Milano/Masiar Pasquali

Schamlose Ernsthaftigkeit von „Bühnentieren“ – Emma Dantes „Bestie di scene“

Mailand (Piccolo Teatro) – Das Stück „Bestie di scena“ („Bühnentiere“), das jetzt am Piccolo uraufgeführt wurde, ist ein Arbeit über Schauspieler. 14 Darsteller, sieben Frauen und sieben Männer der sizilianischen Compagnia Sud Costa Occidentale, zeigen sich auf der Bühne splitternackt. In langen Proben haben sie sich unter der Regie von Emma Dante damit auseinander gesetzt, Scham abzulegen, Blicke auszuhalten und die eigene Körperlichkeit frei, gleichsam „tierisch“ in ein Bühnenspiel einzubringen. Die „Bühnentiere“ spielen und kämpfen, schreien und streiten, lachen und werden verrückt.

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Emma Dante, geboren 1947 in Catania, auf der Bühne des Piccolo

Emma Dante ist eine wichtige Stimme des avantgardistischen Theaters Italiens. Sie hat sich außerdem als  Filmemacherin und Autorin literarischer Texte – bei Luchterhand ist in deutscher Übersetzung ihr Roman „Mitternacht in Palermo“ erschienen – einen Namen gemacht. Die 50jährige Regisseurin und Dramaturgin stammt aus Catania und hat an der Schauspielakademie Rom studiert. In Palermo gründete sie 1999 mit der Compagnia Sud Costa Occidentale eine eigene Theatergruppe, mit der sie erfolgreich auch auf Festivals (Aix-en-Provence, Avignon, Spoleto, Mühlheim) auftrat. Zuletzt mit dem Stück „Le sorelle Macaluso“ (Die Schwestern Macaluso). Für die Scala inszenierte sie zur Saisoneröffnung 2009 eine Carmen (Dirigent: Daniel Baremboim). In Palermo leitet sie die Schauspielschule des Teatro Biondo.

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Ein teilweise bewegendes, teilweise komödiantisches Bühnenspiel 

Schauspieler, so Emma Dante, müssten auf der Bühne „zu Tieren werden“, eine Art „schamlose Ernsthaftigkeit“ gewinnen. Die Regisseurin beschreibt in „Bestie di scena“ eine Gemeinschaft auf der Flucht. Wie Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben entdecken die Einzelnen ihre Nacktheit und wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Im Spiel der nackten Körper bleibt jede erotische Emotion ausgeschlossen – auch wenn das Stück einem Publikum von über 16 Jahren empfohlen wird. Ein Handlung gibt es ebenso wenig wie Dialoge. Es gibt eine Folge von Situationen bei denen die Darsteller auf Gegenstände reagieren, die von hinter den Kulissen auf die Bühne geworfen werden – zum Beispiel eine mechanische Puppe, Bälle oder mit Wasser gefüllte Eimer. Was sich wie ein didaktischer Prozess einer Schauspielschule ausnehmen könnte, erweist sich jedoch als ein teilweise bewegendes, teilweise komödiantisches Bühnenspiel, das an Pina Bausch erinnert und die zerbrechliche Poesie von Zirkusakrobaten wachruft.

Indem Emma Dante eine Gemeinschaft zeigt, die auf ihre körperlichen Reflexe zurückgeworfen wird, weckt sie zugleich Erbarmen und Zuneigung. Denn die „Bühnentiere“ sind zutiefst menschlich, auch wenn einige von ihnen sich wie Affen aufführen.

Bestie di scena. Dramaturgie und Regie Emma Dante. Mit: Elena Borgogni, Sandro Maria Campagna, Viola Carinci, Italia Carroccio, Davide Celona, Sabino Civilleri, Alessandra Fazzino, Roberto Galbo, Carmine Maringola, Ivano Picciallo, Leonarda Saffi, Daniele Savarino, Stephanie Taillandier, Emilia Verginelli, Daniela Macaluso, Gabriele Gugliara. Eine Koproduktion Piccolo Teatro di Milano – Teatro d’Europa, Atto Unico / Compagnia Sud Costa Occidentale, Teatro Biondo di Palermo, Festival d’Avignon. Bis 19.3. im Piccolo Teatro (Teatro Strehler) und anschließend auf Tournee.

Info: http://www.piccoloteatro.org

Zum Blog von Emma Dante – hier