Porträt


Der Landschaftsarchitekt Andreas Kipar, ein Brückenbauer zwischen Mailand und der Ruhrmetropole, wurde mit dem den Halstenberg-Preis geehrt  Mailand/Dortmund – Als 24-Jähriger kam der in Essen frisch diplomierte Landschaftsarchitekt Andreas Kipar 1984 nach Mailand. Hier fand er ein Betätigungsfeld, in das er seine Erfahrungen aus dem Ruhrgebiet einbringen konnte. Hier wie dort ging es um die Nutzung ehemaliger Industrieflächen und um städtische Freiraumplanung. Aus ersten italienischen Erfahrungen sowie der Gründung des eigenen Büros LAND (Landscape Architecture Nature Development) in Mailand fand Andreas Kipar den Weg auch wieder zurück an Ruhr und Emscher. Dem Brückenbauer zwischen Mailand und der Ruhrmetropole hat jetzt die Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL) Nordrhein-Westfalen den Halstenberg-Preis verleihen, mit dem sie hervorragende und wegweisende Leistungen in der Stadt- und Landesplanung würdigt.

EIN PINGPONG AN PROJEKTEN


Melania G. Mazzucco entwirft mit ihrem Roman „Die Villa der Architektin“ ein farbenreiches Fresko der Gesellschaft und der Kunstszene im barocken Rom des 17. Jahrhundert. Im Mittelpunkt steht Plautilla Bricci, die erste Architektin der europäischen Kunstgeschichte. Rom/Mailand – Warum einen historischen Roman wie „Die Villa der Architektin“ von Melania G. Mazzucco lesen, der jetzt im Folio Verlag in deutscher Übersetzung erschienen ist? Rom führt Europa im 17. Jahrhundert vor, wie man eine Metropole der Gegenreformation gestaltet. Die Päpste, die Monarchen gleich regieren, lassen mit Aufträgen für prächtige Kirchenbauten wie für üppig ausgestaltete Familienpaläste eine barocke Stadtlandschaft wachsen. Und der römische Adel macht es ihnen nach. Eine opulent sinnliche Bildersprache zeigt in der Spannung von Lebenslust und Vanitas kraft- und ausdrucksvoll, wie richtiger Glaube auszusehen habe (und wie bedeutungsvoll die jeweils herrschende Familie sei). Während anderswo in Europa Katholizismus und Protestantismus sich kriegerisch bekämpfen, der Dreißigjährige Krieg Landschaften verwüstet, versetzen Künstler wie Bernini, Borromini oder Pietro da Cortona die Stadt Rom, die machtpolitisch im Abseits liegt, in einen ästhetischen Taumel. Nur Künstler? Gibt es keine Künstlerinnen?

PLAUTILLA, DER ABT UND EINE MATRATZE



Hanna Kiels Augenzeugenbericht „Die Schlacht um den Hügel“ über die Belagerung und Besatzung in Fiesole beim Rückzug der Wehrmacht im Sommer 1944 ist endlich auch auf Deutsch erschienen Mailand/Florenz – Das ist die Geschichte einer Wiederentdeckung – und einer Wiedergutmachung. Die Schriftstellerin und Kunsthistorikerin Hanna Kiel (1894-1988) beschrieb mit dem Text „Die Schlacht um den Hügel. Eine Chronik aus Fiesole vom August 1944“ die letzten Wochen der deutschen Besatzung des Hügels von Fiesole nördlich von Florenz, wo sie damals lebte. Der Text sollte 1947 im Südverlag Konstanz unter dem Titel „Florentiner Tagebuch“ erscheinen, wurde aber nie gedruckt (weil angeblich zu deutschfeindlich). Die Schweizer Zeitschrift DU veröffentlichte später Ausschnitte. Eine italienische Übersetzung der „Chronik“ kam 1986 in Florenz heraus. Die Germanistin Eva-Maria Thüne von der Universität Bologna hat über diese Übertragung das deutsche Original wieder entdeckt und es jetzt mit einem Nachwort versehen im Berliner AvivA Verlag erstmals auf Deutsch veröffentlicht.

ERLEBNIS VON MENSCHLICHKEIT


Gastbeitrag: Zum Tod von Friedrich Christian Delius eine Grabrede von Peter Kammerer Urbino/ Berlin – Friedrich Christian Delius, 28, Stipendiat der Villa Massimo in Rom, schrieb 1971 in einem Gedicht an Nikolaus Born: Mensch Born,/ wenn Du hierher kommst, wirst du das alles auch erleben,/ auf deine gute Bornsche Weise, aber/ ich schreib dir schon mal, was/ mir so durch den Kopf geht,/ wenn ich beispielsweise mit zwei, drei/ Briefen rüber zum Briefkasten an der Piazza Bologna geh./ In diesen/ Briefen habe ich geschrieben: alles ok, etwas vom Frühling,/ etwas vom Tischtennis und unserer Arbeit, und etwas, was wir hier/ in den Zeitungen lesen –  FC arbeitete damals an der Fertigstellung von „Unsere Siemenswelt“. Er gab mir einen Durchschlag des Manuskripts zu lesen. Mir entging nicht die unmittelbar politische, wohl aber die große sprachliche Leistung dieser Satire und ihrer Methode der Enthüllung durch Nachahmung. Dann erteilte der Siemens-Konzern „den Linken aller Fraktionen“ Nachhilfeunterricht und strengte einen für den Autor existenzgefährdenden Prozess an. Beweis, „dass das Buch auch ganz nützlich ist“, hat er mir im Februar 1973, bei der Vorbereitung der bereits vierten Auflage geschrieben.  Und wenige Wochen vor seinem Tod bemerkte er im Rückblick: Damals kämpfte ich darum, ein Autor […]

„IN MEINEM ROM“



Zwischen Ästhetik und Körper, zwischen Sprache und der physisch-erotischen Ebene. Vor 100 Jahren wurde Pier Paolo Pasolini geboren. Ein Gespräch mit Peter Kammerer. Mailand/Urbino – Unter den vielen Jahrestagen, die von der italienischen Kultur in diesen Wochen mehr oder weniger feierlich aufgegriffen werden (Beppe Fenoglio, Renata Tebaldi, Giovanni Verga etc), sticht der 5. März heraus. Am 5. März 1922 wurde Pier Paolo Pasolini in Bologna geboren. Am 2. November 1975 wurde er unter bislang nicht restlich geklärten Umständen in Ostia ermordet. Der Intellektuelle (Schriftsteller, Essayist, Filmemacher, bildende Künstler), der offen seine Homosexualität ausgelebt hatte, liegt bis heute mit seinen Arbeiten als unabhängiger Marxist und Fortschrittskritiker wie ein Fremdkörper in der Geschichte der italienischen Kultur und Gesellschaft. Obgleich als Zeitzeuge unbestritten, galt und gilt er  als Ärgernis. Dennoch war er vielen, wie Dacia Maraini („Pier Paolo, l’amico fragile“), Alberto Moravia oder Maria Callas, Freund.

»DAS SPIEL VON BEHAUPTUNG UND WIDERRUF«