im Kino: Troppa grazia


Gianni Zanasi erzählt eine Parabel über den Konflikt zwischen Vernunft und Irrationalität mit der glänzend aufgelegten Alba Rohrwacher

© IBC Movie/Pubkin Production

Verlässlich, überlegt, rational – die Vermesserin Lucia (Alba Rohrwacher)

Milano (Cinema Anteo) – Troppa grazia („Zuviel Gnade“, oder: „Zuviel des Guten“) ist ein Film passend zur Advents- und Weihnachtszeit. Lucia (Alba Rohrwacher), eine Vermessungstechnikerin, schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch. Sie hat sich von ihrem Partner Arturo (Elio Germano) getrennt und lebt mit der Tochter Rosa (Rosa Vannucci) im ländlichen Raum Mittelitaliens. Sie bekommt von einem lokalen Unternehmer (Giuseppe Battiston) den Auftrag die Kartierung für ein großes Imobilienprojekt mitten in bislang unberührter Landschaft zu erstellen. Bei den Arbeiten erscheint ihr die Madonna (Hadas Yaron). Lucia soll „den Menschen“ die Botschaft überbringen statt des geplanten Projektes dort eine Kirche zu errichten.

Die eher rational und ungläubig ausgerichtete Lucia, die in Alltagsfragen ganz praktisch zu agieren weiß, hat Angst verrückt zu werden und weist die Erscheinung zurück. Schließlich vertraut sie sich Freunden an und sucht Hilfe bei einer psychiatrischen Behandlung. Doch die Madonna lässt nicht locker. Lucia kontrolliert alte Karten des Geländes und findet Ungereimtheiten, die das Imobilienprojekt in Gefahr bringen könnten. Die Madonna offenbart ihr, dass die Natur ihre Kirche sei und befielt, „alles“ zu zerstören.

In Cannes ausgezeichnet

Der Film, der 2018 in Cannes mit dem European Cinemas Label award für den besten europäischen Film ausgezeichnet wurde, erzählt eine vielschichtige Parabel. Vordergründig geht es um den Umgang mit der Natur und dem landschaftlichen Raum aus Profitinteressen – gedreht wurde in Viterbo, Tarquinia und Umgebung. Zugleich zeigt Regisseur Gianni Zanasi den inneren Zwiespalt einer rational ausgerichteten Figur in der Auseinandersetzung mit dem Mythischen, dem Irrationalen. Und wie der Konflikt der Mutter sich in einer Heranwachsenden – Lucias Tochter Rosa – widerspiegelt.

© IBC Movie /Pupkin Production

Madonna! – Alba Rohrwacher und Hadas Yaron

Gianni Zanasi (geboren 1965) hat sich in mehreren Film- und Fernsehproduktion oft mit leichter Hand gesellschaftlichen wie individuellen Problematiken gewidmet. Etwa in Non pensarci ( „Nicht daran denken„, 2007) oder zuletzt La felicità è un sistema complesso (2015). Das gelingt ihm über weite Strecken auch in Troppa grazia. Er reiht sich so in die in Italien so reiche Tradition der Komödie ein, die allerdings gerade zur Weihnachtszeit im Kino oft von zweifelhaften und verzuckerten Lustspielproduktionen (dem sogenannten „Cinepanettone“) überschattet wird.

Alba Rohrwacher springlebendig

In der Besetzung der Lucia ist die springlebendige Alba Rohrwacher ein Glücksfall. Die Deutschitalienerin (geboren 1979 in Florenz) bietet die ganze Palette ihrer schauspielerischen Fähigkeiten auf und hält damit die Handlung eines Film zusammen, der besonders gegen Ende dramaturgische Sprünge und Schwächen hat. Wenn es sich lohnt, Troppa grazia anzusehen, dann auch oder gerade wegen Alba Rohrwacher.

Troppa grazia. Mit u.a. Alba Rohrwacher, Elio Germano, Giuseppe Battiston, Rosa Vannucci. Buch und Regie: Gianni Zanasi. Kamera: Vladan Radoviv. Musik: Niccolò Contessa. Produktion IBC Movie, Pupkin Production, Italien 2018, 110 Minuten

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