IM RAHMEN DER ANDEREN


Francesco Vezzoli als Künstler und Kurator im Museion von Bozen

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Museo Museion: Letizia Ragaglia und Francesco Vezzoli vor der Gigantographie eines Blicks auf Rom aus dem 18. Jahrhundert – eingeschmuggelt von Vezzoli links unten das Porträt des Popstars Nicki Minaj als Marquise de Pompadour

Bozen (Museion bis 16.5.) – Dass Kunst dem Künstler Spaß machen kann, ist gerade den Werken von Gegenwartskunst oft nicht anzusehen. Anders bei Francesco Vezzoli (geboren 1971 in Brescia, lebt in Mailand). Mit seinen ironischen Arbeiten amüsiert er die internationale Kunstwelt, und hält ihr zugleich einen Spiegel vor. Man denke nur an sein Video „Trailer für ein Remake von Gore Vidal’s Caligula“ (2005). Oder die futuristischen Skulptur „Forme uniche“ von Umberto Boccioni, der er Stöckelschuhe verpasste (2012). Im Museion von Bozen tritt Vezzoli gleich zweimal auf. Als Künstler und als Kurator. Museumschefin Letizia Ragaglia hat eine Ausstellung seiner Statuen (19 Arbeiten aus den Jahren 2011 bis heute) kuratiert. Er selbst interpretiert 27 Werke der festen Sammlung des Museion.

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Francesco Vezzoli: „Satire of a Satyr“ (2011) 

Die Skulpturarbeiten beschäftigen sich vorwiegend mit dem Verhältnis zur Antike, die Vezzoli spielerisch mit Heute in Beziehung setzt. Und natürlich mit sich selbst. Einer Satyr-Büste stellt er ein Selbstporträt aus Marmor gegenüber, das der Antike die Zunge zeigt. Mal gestaltet er weiße historische Arbeiten – Winckelmann zum Trotz, aber dem klassischen Ursprung nahe kommend – farblich. Mal setzt er ihnen neue Häupter (natürlich wieder Selbstporträts) auf. Provokationen, sagt er, regen heute keinen mehr auf. Aber wenn der Künstler sich einen Spaß mache, dann könne das noch eine „entheiligende“ Wirkung haben. Aber es geht nicht nur um Antike. Auch die Moderne wird „entheiligt“. So schenkt Vezzoli einer Arbeit von De Chirico den Kopf der Sophia Loren, die er zur „Muse De Chirico“ wandelt.

Gleich einem Raumschiff in der Wüste

Im zweiten Teil der Ausstellung Museo Museion hat Francesco Vezzoli Rahmen berühmter Gemälde von Raffaello bis Hayez, von Michelangelo bis Ingres genommen und sie in Originalmaßen als trompe-l’œil auf Goldgrund auf die Wände der ganz in weiß gehaltenen Ausstellungsräume malen lassen. In diese illusionären Rahmen hinein hängte er dann Werke der Sammlung des Museions. Einen Arnulf Reiner („Lachstarr“, 1971) in den Rahmen des Kusses von Francesco Hayez (1859). Einen Mario Schifano („Casa sola“, 1988) in den einer Ankündigung von Botticelli (1490). Eine Carla Accardi („Labirinto“, 1957) in den des „Concerto campestre“ von Tizian (1510). Neben den Arbeiten hängen kleine Infoblätter zum Mitnehmen, in denen das sichtbare wie das unsichtbare Bild benannt wird. Sogar eine Tiroler Lokalgrößen wie Ernst Nepo sieht man so in neuem Licht. Sein Bild „Dame mit gelber Blume“ im Rahmen eines Porträts der Contessa d’Haussonville von Ingres gleiche ein wenig einem „Raumschiffe in der Wüste“, sagt der Künstler-Kurator. Übrigens „ganz so wie das Museum in der Provinz“. Und um das Wechselspiel noch zu erhöhen, hat Vezzoli zwischen den Arbeiten der Sammlung auch noch ein paar eigene Werke gestreut – die natürlich ohne den gemalten Rahmen.

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Spiel und kunsthistorischer Dialog: Schifano in einem Botticelli-Rahmen

Das ist eine Ausstellung, die Spaß macht, was man gerade von Ausstellungen mit Gegenwartskunst nicht immer sagen kann. Das Museion in Bozen erweist sich einmal wieder als ein offenes Fenster zur Welt – in einer Provinz, die frische Luft bitter nötig hat.

Francesco Vezzoli „Museo Museion“. Museion, Bozen. Sammlung Museion bis 6.11. Skulpturenausstellung bis 16.5. Ein Katalog (it/de/en) Mousse Publishing ist in Vorbereitung