In Cassino


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Symbol des Friedens – Treppe in Montecassino

Cassino im Dezember – Nieselregen empfängt den Reisenden, der am frühen Vormittag aus dem Bahnhof tritt. Die Abtei Montecassino thront hoch oben auf der Hügelkuppe im Dunst. Ein Kleinbus wartet am Bahnhofsplatz auf Studenten und Professoren, um sie zu den Einrichtungen der in der Kleinstadt 1979 gegründeten staatlichen Universität des südlichen Latiums (fünf Fakultäten, 8000 Studierende) zu bringen. Der Kiosk zur Information von Touristen ist verriegelt. Möglich, dass auch Sehenswürdigkeiten aus der Antike wie die Ruinen des römischen Theaters oder die das Amphitheaters so kurz vor Weihnachten nicht zu besichtigen sind.

In der Bar gegenüber liegt die Lokalzeitung aus. Die Pläne der italienischen Regierung, Autos mit Diesel- und Benzinantrieb zu besteuern, sorgen für Aufregung. Fiat hat in der Stadt Cassino (36.000 Einwohner) eine Produktionsstätte mit rund 4500 Beschäftigten. Das Unternehmen hat schon angekündigt, die Investitionen in Italien zu kürzen, sollten die römischen Pläne Wirklichkeit werden. Im Gemeinderat hat der Bürgermeister eine Vertrauensabstimmung gewonnen, aber, so Kommentatoren, er habe keine Mehrheit mehr, um zu regieren. Spätestens im Januar werde es zum Bruch kommen.

Die Geschichte einer Rettung

Im Linienbus, der mit viel Schwung die Kurven nimmt, die zur Abtei hochführen, ist man der einzige Mitreisende. Aus dem Fenster sind durch verregnete Scheiben die Ausläufer der Stadt zu sehen, die nach den schweren Zerstörungen im Krieg nicht immer geschmackssicher neu errichtet wurden. Wieder aufgebaut wurde das Kloster „ubi erat, sicut erat“, wie es der Abt bei Kriegsende gefordert hatte, „wo es war und wie es war“.

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Montecassino, ein regnerischer Tag im Dezember – sogenannter Kreuzgang des Bramante

Einsam steigt man die nassen Treppen zur Abteikirche hoch. Weiße Tauben fliegen auf. Am Grab des Heiligen Benedikt brennen ein paar Teelichter. Im Museum wird die Geschichte von der rechtzeitigen Rettung der Bestände der Bibliothek und des Archivs sowie der Gebeine des Heiligen erzählt, bevor US-Bomber die Abtei im Februar 1944 bei einem Flugangriff total zerstörten. Zurück im Kreuzgang des Bramante zeigt sich Leben im Kloster – die Reisegruppe einer Kirchengemeinde aus der Lombardei ist eingetroffen. Von der Brüstung fällt der Blick auf den polnischen Soldatenfriedhof. Der Regen hat nachgelassen.