LITERATUR UND LANDSCHAFT


Gesundheit, Umwelt, Ökonomie: Mit dem Tod von Giorgio Todde ist eine kritische Stimme Sardiniens verstummt

© Italia Nostra

Giorgio Todde (Cagliari, 17. September 1951 – Cagliari, 29. Juli 2020)

Milano/Cagliari – Giorgio Todde ist tot. Der Augenarzt, Schriftsteller und engagierte Ambientalist starb am 29. Juli 2020 im Alter von 68 Jahren in Cagliari an einem Krebsleiden. Mit seinen Kriminalromanen um den Arzt und Einbalsamierer Efisio Marini  vom Ende des 19. Jahrhunderts gelang es ihm, dem Sardinien von heute ein historisch-humanes Fundament zu geben. In vielen Sprachen übersetzt – auf Deutsch im Piper Verlag etwa „Die toten Fischer von Cagliari“ (2011) – spiegelten seine Romane (Krimis und anderes) den internationalen Erfolg der „Nouvelle vague“ der sardischen Literatur wider. Zusammen mit Giulio Angioni und Marcello Fois gründete er das lokal verwurzelte aber global orientierte Literaturfestival von Gavoi. Zuletzt war der Roman Il mantello del fuggitivo (Il Maestrale. Nuoro 2019) erschienen.

Als streitbarere Publizist und mit viel Ironie setzte Giorgio Todde sich in seinen Zeitungskolumnen (La Nuova Sardegna, Il Fatto Quotidiano) für den Erhalt und die Pflege der Landschaft und der Kultur Sardiniens ein. Er wusste die Zeichen der Zeit vom Raubbau an der Natur bis zum Klimawandel zu deuten und Fehlentwicklungen anzuklagen.  Unermüdlich suchte er noch positiven Vorbildern und empfahl etwa seinen Landsleuten, sich an Renaturalisierungsprogrammen des Ruhrgebietes zu orientieren. Als kritischer Intellektueller entzog er sich nicht der verantwortlichen Teilnahme und war an der Ausarbeitung des Landschaftsplanes für Sardinien unter der Regionalregierung von Renato Soru beteiligt. Als Ehrenmitglied engagierte er sich in der Vereinigung Italia Nostra.

Sich selbst präsentierte er gerne so: „Ich beschäftige mich mit Krankheiten der Augen und seit ebenso langer Zeit kümmere ich mich um  Landschaften, die ich für ein Element des Wohlergehens halte – auch des visiven. Ich versuche, Gesundheit, Umwelt, Ökonomie in Beziehung zu setzen und den Punkt zu finden, in dem sie als ein einziges, großes Phänomen erkennbar sind.“