NATALE DEGLI ALBERI
Mailand feiert mit Unterstützung privater Unternehmen ein „Weihnachten der Bäume“ – Installationen zwischen Design und Kunst unterstreichen auch in tristen Tagen die zentrale Rolle, die die Stadt in der italienischen Szene der Gegenwartskultur weiterhin spielen möchte - eine kleine Fotogalerie
Mailand – „Weihnachtsbäume“ in Mailand 2020: In der Stadt, in der Finanzmarkt, Kommunikation und Gegenwartskultur den Rhythmus vorgeben, kann man nicht einfach nur ein paar Tannen mit Lichtern und buntem Schmuck erwarten. Im Auftrag der Fondazione Bracco des Mailänder Pharmakonzerns – und von ihm finanziert – hat der Eventveranstalter Marco Balich mit 21 von Designern entworfenen Installationen ein „Natale degli Alberi“ konzipiert. Ein „Weihnachten der Bäume“ mit Installationen, die (oft) von der Pyramidenform des Weihnachtsbaums ausgehen. Sie wollen auf Plätzen der Stadt Werte wie Hoffnung, Nachhaltigkeit und Solidarität vermitteln – und zugleich Unternehmen Gelegenheit geben, ihr Label mit der guten Botschaft zu verbinden ( - hier zum offiziellen Video).
weiter zum ArtikelDIE EICHE VON MONTALE
Es ist berührend, beim Sterben eines Baumes dabei zu sein. Im Kreislauf des sich erneuernden Lebens der Natur. Auch in der Stadt.
Mailand – In den Giardini Pubblici stand eine mächtige Eiche, zehn Meter hoch mit einem Stammumfang von fast fünf Metern, einer der ältesten Bäume des 1780 in Mailand angelegten Stadtparks. Eine Quercus rubra (Roteiche), die ursprünglich aus Nordamerika stammt und mit dem 18. Jahrhundert auch in Europa angesiedelt wurde. Pilze und Ungeziefer hatten ihren Rumpf befallen und Krankheiten die Kräfte ihre Äste geschwächt. Gegen Ende konnte sie nur noch von Eisenträgern gehalten aufrecht stehen. Im Oktober 2019 brach sie, von Vandalismus zusätzlich geschwächt, bei einem Herbststurm zusammen. Sie hatte am Rand einer teils offen liegenden, teils von Bäumen umgebenden Wiese nicht weit vom östlichen Zugang des Parks bei der Porta Venezia entfernt gestanden. Man nannte sie La quercia di Montale – „Die Eiche von Montale“.
weiter zum ArtikelDIGITAL ODER PRÄSENT?
Rückgang von Publikumsveranstaltungen bereits vor der Covid-Krise und offen für Neues mit der Pandemie – Untersuchungen des Unternehmerverbandes Federculture und der Bankgruppe Intesa Sanpaolo über das Kulturverhalten der Italiener

Warten auf Präsenz -Teatro Rossini in Pesaro zur Festivalzeit im August als ein eingeschränktes Programm bei strengen Auflagen - das Orchester nahm im Parkett Platz, die Logen nur halb besetzt - noch möglich war
Mailand – Wie haben die Italiener auf das veränderte Kulturangebot der vergangenen Monate reagiert? Welche Rolle spielen die Kulturfestivals? Und wie wurde Kultur in welchen Sparten in den vergangenen Jahren genutzt? Analysen wurden jetzt in Mailand und Rom vorgestellt. Zusammenfassend kann man feststellen: In Italien sinkt (in den vergangenen zehn Jahren) die Teilnahme an Publikumsveranstaltungen, zugleich steigt die Neugier und Akzeptanz von neuen digitalen Formaten bzw. „hybriden“ (digital/präsent) Veranstaltungen.
weiter zum ArtikelDER HIMMEL IN EINEM ZIMMER
Die Fondazione Trussardi präsentiert eine Installation von Ragnar Kjartansson in der Mailänder Pestkirche San Carlo al Lazzaretto

Kraft der Imagination - Der Gino-Paoli-Song "Il cielo in una stanza" als sechs Stunden loop in der Installation von Ragnar Kjartansson
Mailand (San Carlo al Lazzaretto bis 25.10.) – Die Musikinstallation The Sky in a Room des Isländers Ragnar Kjartansson (1976, Reykjavik), die man in einer kleinen Mailänder Kirche erleben kann, setzt sich auf ganz poetische Art mit der Stimmung in Corona-Zeiten auseinander. Dabei wechseln sich Berufsmusiker ab, die sechs Stunden lang ununterbrochenen ein für Orgel geschriebenes Arrangement des italienischen Chansons Il cielo in una stanza von Gino Paoli (1934, Monfalcone) darbieten. (Hier ein Video Eindruck).
weiter zum Artikelim Theater: Excelsior
„Excelsior“ von Salvo Lombardo auf dem Festival des modernen Tanztheaters MilanOltre. Insgesamt bietet das Festival im Teatro Elfo Puccini 13 Produktionen

Kritik der Zivilisation - eine Szene aus "Excelsior" mit den Darstellerinnen und Darstellern der Gruppe Chiasma
Mailand (Teatro Elfo Puccini) – Das 34. Festival MilanOltre führt endlich nach einer unerträglich langen Zeit des Lockdowns wieder Publikum ins Mailänder Teatro Elfo Puccini. Das Festival zeigt in diesem Jahre 13 Produktionen des gegenwärtigen Tanztheaters in Italien. Es hatte Mitte September mit Cristina Kristal Rizzo (Florenz) begonnen und endet Mitte Oktober mit dem Spellbound Contemporary Ballet (Rom). Zum ersten Mal in Mailand führte jetzt Salvo Lombardo mit seiner römischen Gruppe Chiasma Excelsior auf.
weiter zum ArtikelIM KERZENLICHT
Der Palazzo Reale in Mailand zeigt eine aufwändige Ausstellung über Georges de La Tour und nordeuropäische Naturalisten der frühen Barockzeit in der Nachfolge von Caravaggio

"Erziehung der Jungfrau" (um 1650, Öl auf Leinwand, 84 x 100 cm) aus der Frick Collection New York
Mailand (Palazzo Ducale bis 27.9.) – Das sind Gemälde aus der Barockzeit, die lange keinem Künstler richtig zugeordnet werden konnten. Erst vor gut 100 Jahren wurde Georges de La Tour (1593-1652) als Maler vor allem kleinformatiger Arbeiten (wieder) entdeckt. Es sind besonders seine „Nachtbilder“, religiöse aber auch Genredarstellungen, in denen des Licht einer Kerze die Komposition bestimmt. Der Palazzo Reale in Mailand widmet de La Tour – und besonders diesen Nachtbildern – jetzt eine große Ausstellung.
weiter zum ArtikelDESTA’ UND DAS MADAMATO
Eine Farbanschlag auf das Denkmal für Indro Montanelli in einem Mailänder Stadtpark erinnert Italien an seine koloniale Vergangenheit

Als Rassist und Vergewaltiger angeklagt - Farbanschlag auf das Denkmal für Indro Montanelli in den Giardini Pubblici am Morgen danach
Mailand – Der Kampf um Statuen im Zusammenhang mit antirassistischen Protesten hat auch Italien erreicht. In Mailand wurde am Sonnabend (13. Juni) Abend das Denkmal für Indro Montanelli (1909-2001) in den Giardini Pubblici mit roter Farbe übergossen. Auf dem Sockel wurde der angesehene Journalist als „razzista“ und „stupratore“ angeklagt. Zur Tat bekannte sich das linke studentische Aktionsnetz „Rete Studenti e Lu.Me (Laboratorio universitario MEtropolitano), das auch ein Video des Einsatzes ins Netz stellte. Bereits vor einigen Tagen hatte die Bewegung der „Sentinelli di Milano“, die sich als „laici e antifascisti“ bezeichnen, in einem Brief Mailands Bürgermeister aufgefordert, das Denkmal für den Journalisten zu entfernen, weil Montanelli während des Abessinienkrieges 1936 „ein zwölfjähriges, eritreisches Mädchen gekauft“ und geheiratet habe, um ihm „als Sexsklavin zu dienen“. Im vergangenen Jahr hatte eine feministische Gruppe mit ähnlicher Begründung das Denkmal am 8. März mit rosa Farbe bespritzt.
weiter zum ArtikelZUM WOHL!
Thesy Kness-Bastaroli über Bewegungen in Italiens Weinwirtschaft zu Coronazeiten: Konsolidierung, Diversifikation im Vertrieb und mehr Mode-Unternehmen als Teilhaber
Mailand - Nach einem Rekordjahr 2019 wird die italienischen Weinwirtschaft im laufenden Jahr erhebliche Einbußen verzeichnen. Doch Panikstimmung sei falsch am Platz, meint Sandro Sartor, Generaldirektor des toskanischen Winzerbetriebs Ruffino. Von der Krise betroffen sind vor allem jene Firmen, die ihren Vertrieb auf das Gaststättengewerbe fokussierten. Der Fachverband Federvini schätzt den durch den Lockdown bedingten Schaden in diesem Spezialsektor, der über die Hälfte des gesamten Vertriebs ausmacht, auf 350 Millionen Euro pro Monat.
weiter zum Artikel„NATUR IST EIN SOZIALES MEDIUM “
Stadt und Corona (2): Alte Werte, neues Denken - ein Gespräch mit dem Mailänder Landschaftsarchitekten und Urbanisten Andreas Kipar
Mailand – In der sogenannten Phase 2 und den Öffnungen nach dem Lockdown erleben wir unsere Städte wie erholt. Die Luft ist sauberer, die Parkanlagen sind grüner, die Schwalben finden reichlich Futter. Die Natur hat sich zurück gemeldet. Wie müssen in Zukunft unsere Städte gestaltet werden, um gleichsam einen „neuen Pakt mit der Natur“ einzugehen? Zugleich fordern Gesundheitsauflagen wie Abstandsregelungen verändertes Verhalten. Was bedeutet das für den Alltag in den Städten? Um solche Themen dreht sich ein Gespräch mit Dr.(I) Arch. Dipl.-Ing. Andreas Kipar.
weiter zum ArtikelLEBENSRAUM MIT QUALITÄT
Stadt und Corona (1): Die Pandemie stellt die Urbanistik vor Herausforderungen, die so neu gar nicht sind. Eine internationale Debatte, die auch in Italien intensiv geführt wird
Mailand – Muss die Stadt sich neu erfinden? Der Coronavirus hat in Italien wie anderswo eine breite Debatte über die Zukunft urbaner Räume und das Verhältnis von Stadt und Land ausgelöst. „Basta con le città, tutti in campagna“ überschreibt il Sole 24 Ore (8. März) einen Beitrag über die New Yorker Ausstellung „Countryside, The Future“, die Rem Koolhaas kuratiert hat. Italien ist besonders vom ländlichen Raum geprägt, es gibt fast 6000 Ortschaften mit weniger als 5000 Einwohnern. Rund 2300 davon sind von der Bevölkerung so gut wie verlassen. Könnten sie gerettet werden und zu neuem Leben erwachen, wenn sich Natur suchende Städter ihrer annehmen? Das jedenfalls schlägt Stefano Boeri in la Repubblica (21. April) vor: „Nei vecchi borghi c’è il nostro futuro“ Oder haben nicht längst die Städte, die sich in den vergangenen 30 Jahren immer mehr verdichtet haben, die Nase vorn, und der Virus wird daran nichts ändern? „Campagna? No, grazie“ kommentiert Carlo Ratti in il Foglio (8. Mai).
weiter zum ArtikelMUSIKER OHNE MASKEN
Die Scala öffnet virtuell die Türen – ein Projekt in Zusammenarbeit mit Google Arts & Culture. Musik soll wieder ab Herbst erklingen, der Neustart beginnt mit Verdis Requiem
Mailand - Opernbühnen in aller Welt stellen während der durch die Pandemie erzwungenen Zeit der Schließung Eigenproduktionen vergangener Spielzeiten online. Die Mailänder Scala geht noch einen Schritt weiter und präsentiert sich jetzt digital als ein Haus der offenen Tür – und was für eins! In Zusammenarbeit mit Google Arts & Culture kann man in die Bühnengeschichte der 1778 eröffneten Oper eintauchen: 240 Tausend Fotografien und 16 Tausend Musikdokumente aus dem Archiv sind virtuell abrufbar. Google Arts & Culture gibt seit einigen Jahren die Möglichkeit, mehr als 2000 Einrichtungen der Kunst und der Kultur (Werke, Museen, Ausstellungen, Bühnen etc) aus 80 Ländern online kennen zu lernen. Das Scala-Projekt wurde jetzt bei einer Online-Pressekonferenz vorgestellt.
weiter zum ArtikelEIN BRÜCKENBAUER
Zum Tod von Klaus Wolbert, Kunsthistoriker und Förderer junger italienischer Gegenwartskünstler. Ein vielseitig interessierter Intellektueller, der Musik liebte und das Politische in der Kunst erforschte
Mailand – Durch den Tod von Klaus Wolbert, Kunsthistoriker, unermüdlicher Förderer von jungen Künstlern und zuletzt Präsident der angesehenen Stiftung VAF, verliert der italienisch-deutsche Kulturaustausch eine prägende Persönlichkeit. Geboren am 25. März 1940 in Aschaffenburg, studierte der gelernte Schriftsetzer zunächst Malerei (Frankfurt) und angewandte Grafik (Offenbach). Nach Tätigkeiten u.a. bei Werbeagenturen und beim Hessischen Landesmuseum Darmstadt erwarb er auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur und schloss ein Studium der Kunstgeschichte, Philosophie und Kulturanthropologie 1980 mit der Promotion über politische und ästhetische Aspekte der figurativen NS-Plastik ab. Ein Thema, das ihn sein Leben lang begleitet hat und schließlich 2018 in der großartigen Veröffentlichung Dogmatische Körper – Perfide Schönheitsdiktate (Metropol Verlag) gipfelte. Die Arbeit wurde auch ins Italienische übersetzt (Allemandi) und hoch gelobt.
weiter zum ArtikelMIT LACHENDEN AUGEN
Mailand öffnet sich vorsichtig nach dem Lockdown, farbtrunken wandert man durch Straßen und Parks – ein Nachtrag zu den Briefen aus der Quarantäne

Eine erste wiedergefundene Freiheit - Giardini Pubblici in Mailand am Tag eins der vorsichtigen Öffnung nach sechs Wochen Quarantäne
Mailand (5. Mai) – Alles neu macht der Mai. Seit gestern, Montag 4.5., dürfen wir wieder durch die Stadt laufen – und nicht nur 200 Meter von der Haustür entfernt. Auch die Parks wurden wieder geöffnet. Eine Symphonie in Grün breitet sich vor blauem Himmel aus. Dunkelgrün die Kastanien, die bereits ihre weißen Blütenstände aufgesetzt haben, die wie Zwergtannen auf den Ästen thronen. Buschwerk glänzt zwischen Zartgrün und Blaugrün. Der Hunde-Campus in den Giardini Publici leuchtet nach sechs Wochen „ohne“ in einem nie gesehenen satten Wiesengrün. Gras sprießt auf vielen Wegen. Grünlich schimmernd das Brunnenwasser vor der Villa Dugnani. Im neu angelegten Park an der Porta Nuova, der sogenannten Biblioteca degli Alberi, breiten sich Blumenfelder aus, in denen Iris und Mohn, Kornblumen und Löwenzahn (gewollt) wild Gelb, Rot, Blau, Weiß durch einander blühen. Farbtrunken wandert man durch die Stadt, so als hätte man sie nie gesehen. Und hinter den Masken der Passanten lachen die Augen.
weiter zum ArtikelIL PEZZO MANCANTE
Milano, Piazzale Loreto. Un'immagine può contenerne altre, una storia scatenarne un'altra. Non è ancora il momento di smettere di guardare le vecchie foto. Giuseppe Mazza ci racconta il 10 agosto 1944: Immagini di una strage

I Martiri di piazzale Loreto attendono che giustizia sia fatta - Flugblatt nach der Erschießung von 15 Geiseln 1944 auf dem Piazzale Loreto
Mailand – VORBEMERKUNG (von Cluverius): Orte haben Geschichte geschrieben. Aber nicht immer ist es leicht, ihre Erzählungen an Ort und Stelle zu lesen. Dazu gehört der Piazzale Loreto im Norden Mailands. Heute eine eher hässliche Verkehrsdrehscheibe zwischen Stadt und Vorstadt. Auf den ersten Blick ein „stummer“ Platz, der nur am Rande etwas von seiner Geschichte preis gibt. Er trat ins Bewusstsein der internationalen Öffentlichkeit Ende April 1945. Benito Mussolini war zusammen mit seiner Freundin Clara Petacci und einigen faschistischen Hierarchen bei Dongo am Comer See von Widerstandskräften aufgespürt und erschossen worden. Ihre Körper brachte man nach Mailand, wo man sie vor 75 Jahren am 29. April auf dem Piazzale Loreto ausstellte. Um sie besser zu zeigen, hängte man sie mit den Füßen an den Dachträger einer Tankstelle auf. Das Foto dieser Zurschaustellung ging um die Welt. Aber warum auf dem Piazzale Loreto?
weiter zum ArtikelKOMFORTABLE BESCHEIDENHEIT
Thesy Kness-Bastaroli über Evergreens und Trends zur Einfachheit, die die kommende Mode prägen werden. Und über Schritte zu einer neuen Unternehmenskultur
Mailand - Das Coronavirus infiziert auch Italiens Modeszene. Nach einem mehrwöchigen, teilweisen Produktionsstop nehmen namhafte Modefirmen, unter anderem Prada und Cucinelli, der Luxusschuhhersteller Tod`s sowie Gucci, Celine (LVMH) und Loro Piana in diesen Tagen ihre Produktion wieder auf. Mit den Gewerkschaften wurden bereits die nötigen Sicherheitsmaßnahmen vereinbart. Gleichzeitig wird aber die in jüngster Zeit gestartete Herstellung von Schutzbekleidung und Schutzmasken, wie etwa bei Fendi und Bulgari sowie bei Prada und Armani fortgesetzt.
weiter zum ArtikelLASST MICH INS OFFENE, FREUNDE!
Briefe aus der Quarantäne (13 und Schluss): Die Schwalben sind da, Träume an frischer Luft, Bassani und Bella Ciao auf dem Balkon
Mailand (17. April) – Freitag nach Ostern, der vierzigste Tag im Ausnahmezustand. Zu Zeiten der Pest hätte jetzt die Quarantäne geendet. Doch bei Corona muss ich mich weiterhin mit minimalen Freigängen zufrieden geben. Immerhin heute Morgen, beim verlängerten Rückweg vom Zeitungskiosk, haben mir die Zeitläufe und das herrliche Wetter ein Geburtstagsgeschenk gemacht: die Schwalben sind zurück! Hoch oben am Himmel schossen sie an der Ecke zur Via Settala durch die Luft, gut zu erkennen am gegabelten Schwanz. Bald werden sie unter den Dachüberständen ihre Nester beziehen und mit Sri-Rufen nach Futter für den Nachwuchs jagen. Derweil bleibt die Lombardei – die „Schwester Schwabens“ nennt Hölderlin sie – mit bis heute 11.600 Toten die am stärksten betroffene Region Europas. Gestern starben wieder 231 Menschen.
weiter zum ArtikelKEIN LAMM ZU OSTERN
Briefe aus der Quarantäne (12): Schweigen und Natur, Europa und Solidarität, Himmelstürme und Heilslinien
Mailand (11. April) – Sonnabend vor Ostern, der fünfunddreißigste Tag im Ausnahmezustand. Eine Quarantäne, das sind 40 Tage, doch diese wird länger andauern: bis zum 3. Mai mindestens, so gestern die Ankündigung der italienischen Regierung. Die Zahl der Toten in der Lombardei hat die 10.000 überschritten, im Großraum Mailand sind es fast 2000. Gestern Abend, Karfreitag, konnte man auf der Facebook-Seite des Rossini Opera Festivals einer wunderschönen Aufführung von Rossinis „Stabat Mater“ aus dem Jahr 2015 (Dirigent Michele Mariotti) beiwohnen. Leider läuft das Streaming nur 24 Stunden bis heute am späten Nachmittag. In den Schlachtereien meines Viertels ist Lammfleisch seit dem frühen Morgen ausverkauft. Bei der Esselunga – Wartezeit heute in der Schlange 60 Minuten – gibt es nur Importware aus Neuseeland, Belgien oder Spanien. Wir werden mit Ricotta gefüllte Ravioli, Artischocken und zum Nachtisch Colomba essen. Das Lamm kommt auf die immer länger werdende Liste dessen, was wir in der Zeit "danach" nachholen wollen.
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