Rom


Fondazione Prada (2): Die gelungene Ausstellung „Recycling Beauty“ über die Wiederverwendung antiker Fragmente und über die Vergangenheit als ein Phänomen in ständiger Entwicklung Mailand (Fondazione Prada bis 27.2.) – Als die Kunstzeitung „Giornale dell’Arte“ traditionell zum Jahresbeginn Kritiker, Fachleute, Liebhaber, Insider u.a. nach der besten Ausstellung des Jahres fragte, wurde immer wieder auf „Recycling Beauty“ in der Fondazione Prada hingewiesen. Eine Ausstellung, die sich dem Thema der Wiederverwendung von griechischen und römischen Kulturgütern in postantiken Zusammenhängen, vom Mittelalter bis zum Barock, widmet. Sie wurde von Salvatore Settis und Anna Anguissola in Zusammenarbeit mit Denise La Monica kuratiert und von Rem Koolhaas/OMA gestaltet.

AUFERSTANDEN AUS RUINEN


Wieder aufgelegt: „Irrläufe – Hundert Romane in Pillenform“ von Giorgio Manganelli. Mit Vermutungen, Lügen und Phantasien tummelt sich der Autor in den künstlichen Paradiesen der Kunst Mailand – In einer Zeit, in der Bücher von Verlagen schnell auf den Markt geworfen werden, um noch schneller wieder aus dem Blick und aus den Buchhandlungen zu verschwinden, wird eine Neu- oder Wiederauflage zu einem Akt kulturellere Resistenz und Resilienz. Wagenbach, von Anfang an eine Art Stolperstein in der deutschen Verlagslandschaft, übt sich erfolgreich in dieser Praxis. Jetzt mit „Irrläufe – Hundert Romane in Pillenform“ von Giorgio Manganelli (1922-1990). Die italienische Originalausgabe erschien 1979, die deutsche Übersetzung durch Iris Schnebel-Kaschnitz (1928-2014) in der Wagenbach-Reihe Quartheft ein Jahr später. Der Verlag bringt Manganellis erfolgreichstes Buch jetzt im schönen Azzurro und im eleganten Format der neuen Reihe Oktavheft heraus. In der werden „vergessene sowie nie oder neu übersetzte moderne Klassiker, literarische Schwergewichte mit kenntnisreichen Vor- oder Nachworten versehen“ wieder vorgelegt. (Siehe auf Cluverius auch „Eine Privatsache“ von Beppe Fenoglio)

LUXUSBORDELL FÜR KEUSCHE HERREN



Gastbeitrag: Zum Tod von Friedrich Christian Delius eine Grabrede von Peter Kammerer Urbino/ Berlin – Friedrich Christian Delius, 28, Stipendiat der Villa Massimo in Rom, schrieb 1971 in einem Gedicht an Nikolaus Born: Mensch Born,/ wenn Du hierher kommst, wirst du das alles auch erleben,/ auf deine gute Bornsche Weise, aber/ ich schreib dir schon mal, was/ mir so durch den Kopf geht,/ wenn ich beispielsweise mit zwei, drei/ Briefen rüber zum Briefkasten an der Piazza Bologna geh./ In diesen/ Briefen habe ich geschrieben: alles ok, etwas vom Frühling,/ etwas vom Tischtennis und unserer Arbeit, und etwas, was wir hier/ in den Zeitungen lesen –  FC arbeitete damals an der Fertigstellung von „Unsere Siemenswelt“. Er gab mir einen Durchschlag des Manuskripts zu lesen. Mir entging nicht die unmittelbar politische, wohl aber die große sprachliche Leistung dieser Satire und ihrer Methode der Enthüllung durch Nachahmung. Dann erteilte der Siemens-Konzern „den Linken aller Fraktionen“ Nachhilfeunterricht und strengte einen für den Autor existenzgefährdenden Prozess an. Beweis, „dass das Buch auch ganz nützlich ist“, hat er mir im Februar 1973, bei der Vorbereitung der bereits vierten Auflage geschrieben.  Und wenige Wochen vor seinem Tod bemerkte er im Rückblick: Damals kämpfte ich darum, ein Autor […]

„IN MEINEM ROM“


Casa di Goethe (2): Gregor H. Lersch wird neuer Leiter der Casa di Goethe in Rom. Die von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanzierte Einrichtung kann im Mai ihr 25jähriges Jubiläum feiern Mailand/ Rom – Wachwechsel an der Casa di Goethe in Rom: Der Kulturwissenschaftler Gregor H. Lersch folgt im April auf die Literaturwissenschaftlerin Maria Gazzetti, die die Einrichtung von 2013 an bis jetzt geleitet hat – in der Nachfolge auf die Historikerin Ursula Bongaerts, die die Casa di Goethe 1997 aufgebaut und 16 Jahre lang geführt und geprägt hatte. Der 43jährige Gregor H. Lersch hatte zuletzt am Jüdischen Museum Berlin den Bereich Ausstellungen verantwortet. Die Casa di Goethe ist eine kleine, aber lebendige deutsche Kultureinrichtung  mit einer festen Sammlung (Kunstgegenstände und Dokumente zu Goethe und der Goethezeit in Italien), wechselnden Ausstellungen, Bibliothek und Veranstaltungen. Träger ist der Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute e. V. (AsKI) in Bonn, finanziert wird sie von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Es ist das Anliegen des neuen Leiters, „die italienische Öffentlichkeit für diesen vielschichtigen literarischen Erinnerungsort zu begeistern und hier internationale Perspektiven aus Kunst und Literatur zu diskutieren.“

„INTERNATIONALE PERSPEKTIVEN“



Casa di Goethe (1):  Friedrich Noack (1858-1930) in Italien. Schreiben, Kunst & Forschung. Eine Ausstellung Mailand/Rom (Casa di Goethe bis 18.9.) – Das 19. Jahrhundert und die Deutschen in Rom: „Mit Vorliebe setzten sich zwei oder drei Landsleute in eine versteckte Weinkneipe zusammen und schimpften auf die anderen.“ So zitiert der Kulturhistoriker Friedrich Noack, der von 1891 bis 1915 als Korrespondent für die Kölnische Zeitung in der Hauptstadt des noch jungen italienischen Einheitsstaates lebte, einen Zeitgenossen. Das Zitat findet man in Noacks monumentalem Werk „Das Deutschtum in Rom seit dem Ausgang des Mittelalters“, in dem der Autor eine ganz andere Haltung einnimmt: die des neugierigen Forschers und Sammlers von Informationen über die Geschichte seiner Landsleute. In mehreren Jahrzehnten legte er eine riesige Namenskartei von Deutschen unterschiedlicher Berufe an, die in der Neuzeit bis zum Beginn des ersten Weltkriegs in Rom Spuren hinterlassen hatten. Die Casa di Goethe Rom, das nach ihrem Selbstverständnis „einzigen deutschen Museum im Ausland“, hat Noack jetzt eine Ausstellung gewidmet.

DEUTSCH-RÖMISCHES PUZZLE