Sardinien


Gesundheit, Umwelt, Ökonomie: Mit dem Tod von Giorgio Todde ist eine kritische Stimme Sardiniens verstummt Milano/Cagliari – Giorgio Todde ist tot. Der Augenarzt, Schriftsteller und engagierte Ambientalist starb am 29. Juli 2020 im Alter von 68 Jahren in Cagliari an einem Krebsleiden. Mit seinen Kriminalromanen um den Arzt und Einbalsamierer Efisio Marini  vom Ende des 19. Jahrhunderts gelang es ihm, dem Sardinien von heute ein historisch-humanes Fundament zu geben. In vielen Sprachen übersetzt – auf Deutsch im Piper Verlag etwa „Die toten Fischer von Cagliari“ (2011) – spiegelten seine Romane (Krimis und anderes) den internationalen Erfolg der „Nouvelle vague“ der sardischen Literatur wider. Zusammen mit Giulio Angioni und Marcello Fois gründete er das lokal verwurzelte aber global orientierte Literaturfestival von Gavoi. Zuletzt war der Roman „Il mantello del fuggitivo„ (Il Maestrale. Nuoro 2019) erschienen.

LITERATUR UND LANDSCHAFT


Sardinien: Michaela Klüver-Spreng unterwegs auf alten Pfaden der Bergleute – Fotografieren zwischen Geschichte und Natur Iglesias – Vor dem Frühstück stehe ich auf der Klippe und warte. Darauf, dass die ersten Sonnenstrahlen die kleine Insel vor der Küste treffen. Noch sieht die Szene ein wenig fad aus. Es fehlt das Licht-Schatten Spiel. Auch die sagenhaften Farben, mit denen die Natur hier das Auge verwöhnt, kommen noch nicht raus. Im nächsten Moment hat es die Sonne über den Berg geschafft. Von einer Sekunde zur anderen beginnt der Pan di Zucchero zu leuchten. Umso mehr, als der gegenüberliegende Fels mit dem Porto Flavia Stollen noch im tiefen Schatten liegt. Das allererste Tageslicht bringt die Schönheit der Insel perfekt zur Geltung. Was hat mich dorthin gebracht?

ZWISCHEN MEER UND MINEN



Der Spazio Ilisso in Nuoro zeigt Arbeiten der deutschen Fotografin Marianne Sin-Pfältzer über das Leben auf Sardinien zwischen Tradition und Wandel  Nuoro (Spazio Ilisso bis 30.April)- Marianne Sin-Pfältzer, 1926 in Hanau geboren, kam 1955 zum ersten Mal nach Sardinien – und fand auf der Insel ihren Lebensmittelpunkt. Sie starb in Nuoro 2015. In ihren Fotos, die jetzt im Spazio Ilisso (Nuoro) präsentiert werden, zeigt sich die „Wucht der Gegensätze zwischen Tradition und Wandel“, wie es einmal der Schriftsteller und Anthropologe Giulio Angioni (1939 – 2017) formuliert hat. Die Arbeiten von Marianne Sin-Pfältzer (s/w wie color) spiegeln das Leben auf Sardinien bis in die 1970er Jahre wieder. In abgelegenen Dörfern oder einsamen Landstrichen, an der Küste oder in Städten wie Cagliari, bei der Arbeit oder bei Feierlichkeiten. Und immer kann man Menschen in die Augen schauen.

Heimkehr ins Dorf von gestern


Der bedeutende sardische Erzähler und Intellektuelle Salvatore Mannuzzu ist im Alter von 89 Jahren in seiner Heimatstadt Sassari gestorben Mailand/Sassari – Salvatore Mannuzzu kam 1930 in der Toskana als Sohn einer sardischen Familie auf die Welt. Von 1955 bis 1976 war er Richter auf Sardinien in Bosa und Sassari, danach bis 1987 Abgeordneter im römischen Parlament ( als Unabhängiger gewählt auf der Liste der Kommunistischen Partei). Als Schriftsteller setzte er sich in Erzählungen und Romanen wie Procedura (Einaudi 1988) – ausgezeichnet mit dem Premio Viareggio) – Un morso di formica (Einaudi 1989) oder Alice (Einaudi 2001) mit seiner sardischen Heimat auseinander. Der Intellektuelle und Autor auch von Essays über Politik, Rechtswissenschaft und Kultur gilt als eine Art Vaterfigur für die jüngere Literaturszene der Insel. Salvatore Mannuzzu ist jetzt am 10. September in seiner Heimatstadt Sassari gestorben.

DIE SCHMERZEN DER IDENTITÄT



Zwei Ausstellungen über Maria Lai zum 100. Geburtstag der sardischen Künstlerin in Rom und in Ulassai Ulassai/Rom – Kunst sei, Dinge miteinander zu verbinden, in Beziehung zu setzen, ohne ihnen ihre Eigenart zu nehmen. Das war das Credo der Künstlerin Maria Lai, die 1919 in Ulassai, einem Dorf auf Sardinen geboren wurde. Ausstellungen zu ihrem 100. Geburtstag zeigen das römische Museum MAXXI und die Stazione dell’Arte, der „Kunstbahnhof“ von Ulassai. Maria Lai starb 2013 im Alter von 93 Jahren. Posthum wurde ihr Werk auf der documenta 14 und der Kunstbiennale Venedig gewürdigt.

SEIN HEISST WEBEN