VON PIERMARINI BIS BOTTA


240 Jahre Teatro alla Scala in einer kleinen Ausstellung des Scala-Museums

© Cluverius

„Für mich ist es das erste Theater der Welt“ schrieb Stendhal 1816 – Angelo Inganni malte das Teatro alla Scala im Stil der Romantik 1852

Mailand (Museo Teatrale alla Scala bis 30.4.2019) – Nachdem das Teatro Regio Ducale innerhalb des Mailänder Herzogspalast 1776 zum dritten Mal ein Opfer von Flammen geworden war, finanzierten Adelige und Bürger der Stadt den Neubau eines Opernhauses – diesmal aus Stein und als Einzelgebäude. Die Landesherrin – damals die Habsburgerin Maria Theresia – genehmigte dafür den Abriss der Kirche Santa Maria alla Scala. Nach Plänen des Architekten Giuseppe Piermarini wurde das neue Opernhaus in nur 23 Monaten in klassizistischen Formen errichtet und im August 1778 mit Europa riconosciuta von Antonio Salieri eröffnet. In ihrer wechselhaften Geschichte war die Bühne ein Spiegel der kulturellen und politischen Zeitläufe. Zugleich war sie kontinuierlich baulichen und strukturellen Veränderungen unterworfen. Bis hin zu den Erweiterungen des Tessiner Architekten Mario Botta, der gerade mit einem Turmbau die Umbauten von 2002/2004 ergänzt. Eine kleine Ausstellung im Scala-Museum verfolgt jetzt 240 Jahre Geschichte von Piermarini bis Botta.

Die Beleuchtung wechselte vom anfänglichen Kerzenschein über Öllampen (1821) bis zum elektrischen Licht (1883). Der Saal veränderte sich mehrfach, auch setzte sich statt der ursprünglich blau-grünen Ausstattung die heute noch gültige rote (1830) durch. Anfänglich längs einer Straße gebaut, öffnete sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts eine Platzanlage, die Piazza della Scala mit dem Denkmal für Leonardo da Vinci vor dem Theater. In diesem 19. Jahrhundert war die Scala Zeuge und Bühne für politische und gesellschaftlichen Veränderungen: Napoleon, die Rückkehr der Österreicher, das Revolutionsjahr 1848, die italienische Einigungsbewegung und schließlich der junge italienische Staat. Das Parkett, auf dem das Volk, die einfachen Leute, standen, während die Herrschaften sich in den privaten Logen vergnügten, füllte sich schließlich mit festen Sitzen. Und aus den Vergnügungsräumen hinter den Logen – ein Spielcasino eingeschlossen – wurden schließlich neue Foyers geschaffen.

Schneller Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach den schweren Kriegszerstörungen vor allem durch den Bombenangriff der Alliierten im August 1943 wurde die Scala als eines der ersten öffentlichen Gebäude wieder aufgebaut. Sie sollte eine Zeichen für sein für den Überlebenswillen der Mailänder und den kulturellen Neubeginn nach dem Faschismus. Im Mai 1946 dirigierte Arturo Toscanini, aus den USA zurückgekehrt, ein Konzert zur Wiedereröffnung. Gleich nach der Wende zum 21. Jahrhundert wurde der historische Bau restauriert und das Bühnenhaus nach Pläne von Mario Botta vergrößert. Außerdem entstanden neue Proben- und Verwaltungsräume. Die Formen der zeitgenössischen Architektur hinter dem historischen Bau lösten teilweise heftige Debatten in der Öffentlichkeit aus. Heute ist diese Moderne ästhetisch weitgehend angenommen. Und wird jetzt von dem neuen Turm Bottas ergänzt, der den Bühnenraum noch weiter vergrößern soll und außerdem zusätzliche notwendige Proberäume bereit stellt. Er soll 2022 eingeweiht werden.

© Katlalog Treccani

Ein Turm zum Abschluss der Scala-Umbauten, gesehen von der Via Verdi – Rendering des Projektes von Mario Botta

Die kleine Ausstellung, die sich – italienisch und englisch beschriftet – so an den wichtigsten Daten der „herrlichen Baustelle“ (Magnifica Fabbrica) orientiert, wirkt wie ein gelungenes Antipasto zu den Festlichkeiten 2028. In zehn Jahren wird das 250. Jubiläum der Mailänder Oper sicher groß gefeiert werden. Die Räume der Bibliothek über dem Theatermuseum bieten heute in ihrer Enge zugleich einen konzentrierten Zugriff auf die Geschichte eines Opernhauses, das zumindest in Mailand als das wichtigste der Welt angesehen wird. Was der glanzvolle Saisonsauftakt am 7. Dezember, dem Ambrosiustag, jedes Jahr unterstreicht – diesmal mit Verdis patriotischer Oper Attila.  

La Magnifica Fabbrica – 240 anni del Teatro alla Scala da Piermarini a Botta. Museo Teatrale alla Scala, Mailand, bis 30.4.2019. Tgl. 9-17.30 Uhr, Eintritt (Ausstellung + Museum) 9 Euro, Katalog (Treccani) 15 Euro. Info hier

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