BRÜCKEN DER WISSENSCHAFTEN UND DER KÜNSTE


50 Jahre Deutsches Studienzentrum in Venedig und das grenzüberschreitende Denken

© Stefan Imperi / DSZV

Sitz des Deutschen Studienzentrums Venedig: Der Palazzo Barbarigo della Terrazza am Canal Grande aus dem 16./17. Jahrhundert mit der schönsten Terrasse der Lagunenstadt.

Mailand/Venedig – Mit einer Feierstunde in der Sala del Capitolo der Scuola Grande di San Rocco hat das Deutsche Studienzentrum Venedig (DSZV) sein 50-jähriges Bestehen begangen. Die Herausforderungen der Gegenwart, wie sie sich auch dramatisch in der globalen Klimakrise entwickeln und durch die Pandemie noch lesbarer geworden sind, können nur durch grenzüberschreitendes Verstehen und Forschen gemeistert werden. Ein Denker wie Wolfgang Welsch, der seit Langem transdisziplinäre (und transkulturelle) Ansätze verfolgt, unterstrich in einem plauderhaften und zugleich differenzierten Festvortrag die Notwendigkeit, über die Grenzen des jeweils eigenen Fachgebiets immer wieder Brücken zu anderen Disziplinen zu schlagen. Was gerade das Studienzentrum vorlebt, indem es Stipendiatinnen und Stipendiaten verschiedener wissenschaftlicher, aber auch künstlerischer Arbeitsbereiche Möglichkeiten gibt, in der Lagunenstadt eigene Projekte im Austausch mit anderen zu verfolgen und zu verwirklichen.

Das Studienzentrum wurde 1972 als eben diese interdisziplinäre Einrichtung gegründet, die wissenschaftliche Arbeiten und künstlerische Projekte zur Geschichte und Kultur Venedigs und seinen ehemaligen Herrschaftsgebieten fördert. Es wird hauptsächlich von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien unterstützt. Dazu kommen private Förderer wie etwa die Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung oder die Christiane Hackerodt Kunst- und Kulturstiftung. Die deutsch-italienischen Kulturbeziehungen, so die Staatsministerin Claudia Roth in einer Videobotschaft zur Feierstunde, seien ohne diese Disziplinen übergreifenden Rolle des DSZV „nicht vorstellbar“ und durch sie eine „demokratische Notwendigkeit“.

© Petra Schaefer / DSZV

Fotoinstallation von Jost Wischnewski in der Università Ca‘ Foscari

Das gegenwärtige wissenschaftliche Programm steht unter dem Thema „Brücken – (mit) Venedig kommunizieren“. Die Romanistin Marita Liebermann, die seit Juli 2017 die Einrichtung leitet, betonte die kommunikative Rolle der Brücke gerade in ihrer Ambivalenz als Verbindung – nicht als Vereinigung – von Getrenntem: „Verbindungen und Vielfalt erschaffend sind Brücken eine der eindrucksvollsten Manifestationen dessen, was der Welt derzeit unter bestimmten Bedingungen am unschädlichsten helfen könnte: Kommunikation.“ Studientage, künstlerische Veranstaltungen, Gesprächsrunden oder Exkursionen dienen dazu, über Venedig aus Venedig, aber auch mit Venedig zu sprechen. Im Foyer der Universität Ca‘ Foscari ist noch bis zum 14. Mai die Ausstellung „Jost Wischnewski – Ponte Venezia“ zu sehen, die Petra Schaefer vom DSZV kuratiert hat. Fotografien des aus Worpswede stammenden Künstlers, die er während seines Aufenthalts am Studienzentrum 2019 realisiert hatte. Publiziert auch im Band „Brücke Venedig“, den Marita Liebermann im Verlag Wienand (Köln 2021, 38 €) herausgegeben hat. Im Austausch gestaltete das Orchestra dell‘ Università Ca‘ Foscari Venezia den musikalischen Rahmen der Feierstunde in der Scuola Grande di San Rocco.

Info zum Deutschen Studienzentrum in Venedig hier