Musik


Andreas Löhrer verfolgt mit einer gründlichen Recherche die Spuren des Partisanenliedes „Bella Ciao“, das gerade in diesen Tagen neue Aktualität erhält Mailand ­– Der 25. April, Jahrestag der Befreiung Italiens von deutscher Besatzung und Faschismus, steht in diesem Jahr 2023 unter besonderen Vorzeichen. Zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte wird das Land von einer Koalition unter Führung der Partei Fratelli d’Italia regiert, die sich aus der postfaschistischen Bewegung MSI entwickelt hat. Zwar hat sich die pragmatisch auftretende Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zuletzt von jeglicher faschistischer Ideologie distanziert, dennoch wird man kaum erwarten können, dass sie am 25. April in den Chor derjenigen einstimmt, die Bella Ciao singen. Zumal Parteigenossen wie der Senatspräsident Ignazio La Russa aktuell alles tun, um den antifaschistischen Widerstand kleinzureden. Denn es geht um ein Lied, das „zur Hymne der Erinnerung an die Resistenza“ wurde, wie Andreas Löhrer schreibt, der in seinem informativen Buch „Bella Ciao“ (Verlag Edition AV)  die teilweise verschlungen „Spuren eines Partisanenliedes“ verfolgt und akribisch dokumentiert.

EIN UNIVERSELLES LIED DER FREIHEIT


Ein Gespräch mit dem Musikwissenschaftler Philip V. Bohlman, Balzan Preisträger 2022, über Volksmusik und Gesellschaft, den Eurovision Song Contest, Viktor Ullmann und den Begriff Rassismus Mailand/Rom – Der US-amerikanische Musikologe Philip V. Bohlman wurde kürzlich in Rom im Fachbereich Ethnomusikologie mit dem Balzan Preis 2022 ausgezeichnet. Der 70jährige Wissenschaftler lehrt und forscht an der University of Chicago, hat aber auch in Europa u.a. an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover sowie an den Universitäten Freiburg, Wien, Innsbruck oder Kassel unterrichtet. Der Preis der internationalen Balzanstiftung (Mailand/Zürich) wurde ihm, wie es in der Begründung der Jury heißt, „für seinen bahnbrechenden Beitrag zur Ethnomusikologie und zur Musikforschung im weiteren Sinne, für seine Arbeiten über Musik und europäischem Nationalismus, Musik, Rasse und Kolonialismus, Globalisierung, Zusammenhang von Musik und Religion, jüdische Musik in der Moderne und historische Aufführungen urbaner jüdischer Musik“ verliehen. Am Rande der Preisverleihung in Rom gab es die die Möglichkeit zu einem kurzen Gespräch mit Philip V. Bohlman, der sich u.a. auch durch die Verbreitung der Schriften Herders im angelsächsischen Raum verdient gemacht hat. 

VON HERDER BIS HEUTE



Von der Scala-TV über Technologiereformen bis zu neuen Werkstätten – die Mailänder Oper im Zeichen von Erneuerung und Modernisierung Mailand – Die Scala ist mit Boris Godunov (Mussorgski) und Salome (Strauss) erfolgreich in die Spielzeit gestartet. Auf dem Programm der Opern-, Ballett- und Konzertsaison 2022/2023 stehen über 250 Veranstaltungen. Der dritte Operntitel, Verdis I Vespri Siciliani, hat jetzt eine absolute Neuheit in der Geschichte des Mailänder Opernhauses eröffnet: La Scala TV. Am 14. Februar wurde die Inszenierung unter der musikalischen Leitung von Fabio Luisi in der Regie von Hugo De Ana (u.a. mit Marina Rebeka, Piero Pretti, Luca Micheletti) im Livestream übertragen. Mit diesem Auftakt bietet die Scala-TV einen Streaming-Dienst an, der es erlaubt, Opern, Ballette oder Konzerte exklusiv des Teatro alla Scala sowohl live als auch on demand über das Internet abzurufen.

WELTWEIT IN JEDE WOHNUNG


Die Mailänder Scala baut eine Streaming-Plattform auf. Start vermutlich im Januar 2023 Mailand – Das Teatro alla Scala bereitet wie andere großen Opernhäuser ein Streamingprojekt vor. Wie lokale Medien berichten, soll die offizielle Premiere im Januar 2023 stattfinden. Seit Monaten zeichnen neun im Zuschauerraum installierte Kameras Aufführungen auf, um den Katalog aufzubauen. Die Zuschauer, so vermutet la Repubblica (hier in ihrem Beitrag), werden ein Abonnement abschließen können, um die Aufführungen sowohl live im Fernsehen oder auf dem PC zu sehen oder sie on demand abzurufen. Man denke offensichtlich an einen attraktiven Preis pro Aufführung zwischen fünf und zehn Euro je nach Genre (Oper, Ballett, Konzert) oder dem Format des Videos. Für Schulen und Kulturvereine könnten kostenlose Pakete mit speziellen Inhalten rund um die Aufführung mit Interviews, Informationen zu den Darstellern und Hinweisen auf die Geschichte der Scala ins Angebot gestellt werden.

FÜR EIN NEUES PUBLIKUM



Parma, Mitte März – Der Himmel liegt grau über der Stadt Correggios und Toscaninis, aber Regen will nicht fallen. Der Fluss Parma verliert sich in seinem tief gelegenen Bett. Er tröpfelt dahin, als sei Hochsommer, dabei blühen gerade erst die Kirschbäume. In der Caffetteria an dem Viale Toschi glitzert noch die Weihnachtsdeko über dem Tresen. Bevor man bestellt, weist der Gast sich durch seinen „Greenpass“ aus. Auf einem der Tische liegt die Gazzetta di Parma. 450 Flüchtlinge aus der Ukraine sind angekommen. Die meisten finden Unterkunft bei Verwandten und Bekannten oder in religiösen Einrichtungen. Tagesgespräch ist das Fußballstadion. Das neue „Stadio Ennio Tardini“ soll das alte (aus den 1920er Jahren, zuletzt umgebaut 1993) nicht komplett ersetzen, sondern am selben Ort erweitern und modernisieren.  Am Teatro Regio laufen die letzten Proben für Bellinis „Norma“ dirigiert von Sesto Quatrini aus Vilnius (Litauen). Während man am späten Vormittag vorbei am Verdi-Denkmal auf den Palazzo della Pilotta zugeht, warten einige Schüler und Studenten aber auch Rentner auf den kniehohen Einfassungen der Piazza della Pace sitzend vergeblich auf Sonne. Hunde werden spazieren geführt.

In Parma