BRÜCKENSCHLAG


Ferrara (1): Der IX Premio Fondazione VAF im Castello Estense

© Cluverius

Gegenwartskunst im historischen Rahmen – das Castello Estense, Ort der Ausstellung des  IX. VAF-Kunstpreis 2023

Ferrara (Castello Estense bis 4. Juni) – Der Kunstpreis der VAF-Stiftung, der seit 2003 bis auf Ausnahmen alle zwei Jahre vergeben wird, hat sich in den deutsch-Italienischen Kunstbeziehungen inzwischen einen festen Platz erobert. Auf seine Art einzigartig fördert er junge italienische Künstlerinnen und Künstler unter 40 Jahre und macht sie mit Ausstellungen in Deutschland und Italien bekannt. Nach einer ersten Präsentation der Endauswahl der IX. Ausgabe des Premio Fondazione VAF in der Staatsgalerie Kiel 2022 werden die Werke von Protagonisten aus der jungen italienischen Kunstszene jetzt in Ferrara im Castello Estense gezeigt.

Unter dem Vorsitz von Elena Pontiggia hat das Stiftungskuratorium neun Künstlerinnen und Künstler (sieben Einzelpersonen und ein Künstlerinnenduo) sowie ein anonymes Kollektiv für die Teilnahme an der Ausstellung ausgewählt. Unter ihnen wurden drei Preise ausgelobt, die gestaffelt mit 15.000, 7.500 und 5.000 Euro dotiert sind. Die Auszeichnungen gingen an den Mailänder Lorenzo Mariani, der seine feingliedrigen ironischen Skulpturen mit L’orMA signiert, die Turinerin Valeria Vaccari für ihre Marmorinterpretationen von Alltagsobjekten und Enrico Minguzzi aus Ravenna für seine poetische Ölmalerei zwischen Realität und Metamorphose. Zusätzlich erhielt das Kollektiv KEM für seine Holografien menschlicher Organe eine lobende Erwähnung.

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Erster Preis für L’orMA (Lorenzo Mariani) – hier seine Skultur „Madame Emadam“ (Papier 52 x 65 x 23 cm) 

Zum ersten Mal in der Geschichte des Preises standen in der Ausstellung der jungen Kunst gleichsam als Kontrapunkt „historische“ Arbeiten aus der VAF-Sammlung von Paolo Baratella gegenüber, die vornehmlich der Pop-Kunst des 20. Jahrhunderts verpflichtet sind. Der 1935 in Bologna geborene Künstler, der in Ferrara seinen Lebensmittelpunkt gefunden hatte, war tragischerweise wenige Tage vor der Eröffnung der Ausstellung im Castello Estense verstorben. Er wurde posthum für sein Lebenswerk geehrt.

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Arbeit von Valeria Vaccaro (zweiter Preis) „Packet of Letters (Letter A)“ 2020 (Marmor 5,5 x 20 x 20 cm)

Ferrara hat als ehemalige Residenzstadt der Este und im Spannungsfeld zwischen Padua/Venedig und Bologna eine reiche kulturelle Geschichte, die sich bis in 20. Jahrhundert mit Schriftstellern wie Giorgio Bassani oder Künstlern wie Giorgio de Chrico, Alberto Savinio oder Carlo Carrà fortgesetzt hat und von der Organisation Ferrara Arte gepflegt wird. Ihr sitzt als Präsident der streitbare Kunsthistoriker Vittorio Sgarbi vor, der aus Ferrara stammt und gegenwärtig neben anderen Aufgaben das Amt eines Staatssekretärs im römischen Kulturministerium wahrnimmt. Auf der Pressekonferenz zur Öffnung der Ausstellung im Castello Estense unterstrich er die zentrale Rolle der Stadt auch für die Gegenwartskunst im Schnittpunkt unterschiedlicher Beziehungen etwa zum Mart in Rovereto – auch dort ist Tausendsassa Sgarbi leitend aktiv -, wo die VAF-Stiftung einen wichtigen Teil ihrer Sammlung als Leihgabe untergebracht hat.

Mehr als 2000 Werke italienischer Kunst

Die VAF-Stiftung wurde durch den deutschen Unternehmer, Kunstfreund und Sammler Volker W. Feierabend, der in Mailand seine Wahlheimat gefunden hat, 2001 gegründet. Der Name VAF ist ein Akronym aus den Initialen des heute 87-jährigen Stifters und seiner Frau Aurora. Die Sammlung besteht aus mehr als 2000 Werken italienischer Kunst vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute. Zu den zentralen Aufgaben der Stiftung gehört es, als ein Brückenschlag das Wissen über die italienische Kunst der Moderne und der Gegenwart zu fördern, den Umfang und Wert der Sammlung zu bewahren und durch Neuanschaffungen zu steigern. Dafür dient auch der Kunstpreis der Stiftung. Einige Werke der Endauswahl werden für die Sammlung erworben. Zum Vorstand der VAF-Stiftung gehört der Präsident und Geschäftsführer Thorsten A. Feierabend, der die Nachfolge des 2020 verstorbenen Klaus Wolbert angetreten hat, sowie die Mitglieder des Kuratoriums  (Stiftungsgründer Volker W. Feierabend, Nicoletta Colombo, Elena Pontiggia, Serena Redaelli und Denis Viva).

IX Premio Fondazione VAF. Castello Estense, Ferrara bis 4. Juni. Tgl. außer Di. von 10 – 18 Uhr. Katalog (Manfredi Edizioni) 25 Euro. Infos hier, Vorbestellung Tickets hier