Die Internationale Balzanstiftung unterstützt über ihre Preisträger Forschungsprojekte in aller Welt
Am Geld kann es eigentlich nicht liegen. Der Premio Balzan, mit dem jedes Jahr vier Wissenschaftler in wechselnden Fachgebieten ausgezeichnet werden, ist mit jeweils 750 000 Schweizer Franken (ungefähr 620 000 Euro / Stand Dez. 2014) ausgestattet. Das ist einer der höchst dotierten internationale Kultur- und Wissenschaftspreis überhaupt. Und doch spielt der in der akademischen Welt hoch geschätzte Preis der Internationalen Balzanstiftung (Mailand/Zürich) in der öffentlichen Wahrnehmung nicht die Rolle, die ihm gebührt. Dabei führt die Wahl der Themen und der Preisträger bis in den Alltag.
In Rom wurde vom italienischen Staatspräsident Giorgio Napolitano etwa ein Biologe wie der Amerikaner David Tilman mit dem Premio Balzan 2014 für seine Beiträge zur Ökologie der Pflanzen ausgezeichnet, in denen es um die Auswirkungen der Biodiversität auf die Welternährung geht. Anders als der Nobelpreis prämiert die Balzanstiftung sowohl Geistes- als auch Naturwissenschaftler. Diesmal den kanadischen Philosophen Ian Hacking und den amerikanischen Mathematiker Dennis Sullivan. Der Preisträger für Archäologie, der Italiener Mario Torelli, zeigte sich in seiner Dankesrede durchaus polemisch gegenüber der Kommerzialisierung von Kultur und einer Kulturpolitik, die sich in purem Management erschöpft. Und der Preis wechselt jedes Jahr die Fachgebiete, für die die Auszeichnungen vergeben werden. Im Jahr 2015 zum Beispiel für Wirtschaftsgeschichte und Ozeanographie, Geschichte der europäischen Kunst (1300-1700) und Astroteilchenphysik.
Eine weitere Besonderheit ist seit 2001 die Verpflichtung der Preisträger, die Hälfte der Preisgelder in Forschungsprojekte von jungen Wissenschaftlern zu investieren. So wurden durch den Balzanpreis zwischen 2001 und 2013 über 50 Forschungsprojekte in naturwissenschaftlichen wie humanistischen Fachgebieten mit insgesamt rund 20 Millionen Euro gefördert. Daran waren rund 500 junge Wissenschaftler aus 20 Ländern beteiligt. Die Veröffentlichung „The Balzan Prizewinner’s Research Projects: An Overview“ kann online herunter geladen werden: www.balzan.org/de/veroffentlichungen.
Die Geschichte beginnt mit dem Corriere della Sera
Der Preis ist eine italienisch-schweizerische Einrichtung mit einer bewegten Geschichte. Er geht auf den Journalisten, Manager und Mäzen Eugenio Balzan (1874-1953) zurück. Balzan begann 1897 als Korrektor beim Corriere della Sera, wurde bald als Reporter übernommen und wechselte dann 1903 als Teilhaber in die Geschäftsführung des Unternehmens. Das waren Jahre, in denen man mit Zeitungen noch richtig Geld verdienen konnte. Als er 1934 seine politische Deckung im Regime Mussolinis verlor und der Druck auf den Corriere immer stärker wurde, verließ Balzan das Blatt und ging in die Schweiz, wohin er auch sein Vermögen transferieren konnte und wo er es vermehrte. 1953 starb er in Lugano. Seine Tochter und Alleinerbin Angela Lina Balzan gründete dann eine Stiftung nach dem Modell des Nobelpreises zur Auszeichnung herausragender Leistung auf wechselnden Gebieten der Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften sowie allgemein der Kultur.
Angela Lina Balzan erlebte die schwierige Anfangsphase des Premio Balzan nicht mehr, sie starb bereits kurz nach der Einrichtung der Stiftung 1957. In Mailand wurde dann eine parallele Stiftung ins Leben gerufen, der die Auswahl der Preisträger und die Verleihung obliegt, während die Schweizer Einrichtung, die inzwischen von Lugano nach Zürich gewechselt war, sich allein um das Stiftungskapital kümmern soll. Im Jahr 1961 konnten schließlich die ersten Preise vergeben werden (unter anderem an den Komponisten Paul Hindemith, den Bienenforscher Karl von Frisch und – als Verbeugung vor dem großen Vorbild – an die Nobelpreisstiftung). Doch es dauerte weitere 16 Jahre bis 1977 die italienische und die schweizerische Regierung sich in einem Memorandum auf das bis heute gültige Organisationsmodell der beiden Stiftungen (Mailand/Zürich) einigten. Sie gaben damit die politische Garantie für eine regelmäßige Preisverleihung, die jährlich wechselnd in Rom oder Bern vom jeweiligen Staatspräsidenten in Rom und vom Vorsteher des Eidgenössischen Department des Innern in Bern vorgenommen wird. Die Mailänder Stiftung „Preis“ wird heute von Enrico Decleva geleitet, die Züricher Stiftung „Fonds“ von Achille Casanova. Das internationale Preiskomitee (Mailand) setzt sich unter der Federführung des Philosophen Salvatore Veca (Universität Pavia) aus 20 Wissenschaftlern zusammen.
Sonderpreis für Humanität und Frieden
In unregelmäßigen Abständen wird auch der zuletzt mit einer Million Schweizer Franken (rund 830 000 Euro) dotierte Preis für Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern verliehen, mit dem bislang unter anderem Mutter Theresa oder die Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“ von Karl-Heinz Böhm ausgezeichnet wurden. Im Jahr 2014 ging er an die französische Organisation „Vivre en Famille“, die sich unter anderem um die Eingliederung geistig oder physisch beeinträchtigter Kinder in Familienzusammenhänge kümmert und in einigen afrikanischen Staaten für die Sanierung und Erbauung von Krankenhäusern, Entbindungsstationen und Schulen sorgt.
Info: www.balzan.org