In Urbino setzt sich eine Ausstellung mit Baldassare Castiglione und Raffael Sanzio auseinander
Urbino – Anmutig, ausgewogen, geistreich und den schönen Künsten zugeneigt – das sind die idealen Eigenschaften eines Adeligen an italienischen Fürstenhöfen der Renaissance, wie sie Baldassare Castiglione (1478-1529) in seinem berühmten Il libro del cortigiano („Das Buch vom Hofmann)“ beschreibt. In Mantua geboren, in Mailand ausgebildet, war es besonders der Hof von Urbino, der den Humanisten und Diplomaten prägte. In Urbino wurde 1483 auch Raffael Sanzio geboren, der später in Rom Castiglione in einem wundervollen Porträt verewigte. Eine Ausstellung in Urbino versucht nun, die beiden für das italienische Kulturleben im frühen 16. Jahrhundert zentralen Figuren zusammen zu führen.
Mit dem Untertitel „Gesichter und Augenblicke des Hoflebens“ beschäftigt sie sich in mehreren Abschnitten mit dem Hof von Urbino, mit Waffentechnik, Musik, Mode, Sammlerleidenschaft und den Manuskripten bzw. Buchausgaben des Hofmanns (geschrieben zwischen 1508 und 1516, gedruckt in Venedig erstmals 1528). Die gezeigten Exponate (Gemälde, Drucke, Münzen, Kostüme, Bücher) wie die Darstellung des Mathematikers Luca Pacioli oder das Bildnis von Federico di Montefeltro und seines Sohnes Guidobaldo beziehen direkt Urbino ein oder erläutern wie die Waffen aus der Armeria Reale von Turin das Thema.
Vom berühmten Bildnis des Castiglione von Raffael gibt es eine Kopie – das Original aus dem Louvre ist zurzeit in der römischen Raffael-Ausstellung zum 500. Todesjahr des Malers zu sehen. Viele Bezüge – Arbeiten von Piero della Francesca, Leonardo, Raffael, Tizian oder Giulio Romano – werden nur in Videodarstellungen zu den verschiedenen Sektionen präsentiert, die allerdings alle im ersten von drei Ausstellungsräumen in einer Endlosschleife gezeigt werden.
Freundschaft in Rom
Raffael und Castiglione lernten einander nicht in Urbino kennen – als der Humanist um 1504 an den Hof der Montefeltro kam, war Raffael bereits unterwegs in Umbrien und in der Toskana -, sondern schlossen später in Rom Freundschaft. Ihr Verhältnis wird in der vielleicht etwas eilig zusammen gestellten Ausstellung nicht weiter erläutert, angetippt wird ihre Zusammenarbeit bei einer Bestandsaufnahme antiker Bauten und Funde in der ewigen Stadt unter Papst Leo X. Die Ausstellung wird ihrem Anspruch, einerseits das Hofleben andererseits die Beziehung von Maler und Humanist zu thematisieren, leider nicht gerecht. Vielleicht setzt sich der Katalog, der allerdings bei der Besichtigung drei Wochen nach der Eröffnung noch nicht vorlag, umfassender mit den Thematiken auseinander.
Baldassarre Castiglione e Raffaello. Volti e momenti della vita di corte. Palazzo Ducale, Urbino. Bis 1.November (Di – So 10-18 Uhr, Mo 10-14 Uhr). Eintritt 8 Euro. Katalog in Vorbereitung. Info und Vorbuchung www.vieniaurbino.it.
NACHTRAG: Eine „unmögliche“ Ausstellung – In Urbino kann man noch bis zum 30. September 2020 im Collegio Raffaello (Piazza della Repubblica) die Ausstellung „Raffaello. Una mostra impossibile“ besuchen (Eintritt frei). Mit rund 50 Abbildungen in hoher fotografischer Auflösung zeigt sie einen Großteil der Arbeiten von Raffael auf Leinwand bzw. Holztafeln jeweils in Originalgröße. Es wäre unmöglich heute eine solche Ausstellung mit den Originalwerken zusammen zu stellen. Von den Fresken ist – ebenfalls in beeindruckender Originalgröße – die Darstellung der „Schule von Athen“ aus den Vatikan zu sehen.