Alberto Bonisoli, der der Fünfsternebewegung nahesteht, wurde zum Kulturminister der italienischen Regierung ernannt
Mailand/ Rom – Italien hat eine neue Regierung und damit einen neuen Kulturminister. Auf den Schriftsteller Dario Franceschini von dem PD folgt der Bildungsfachmann Alberto Bonisoli, geboren 1961 in der Nähe von Mantua. Bonisoli, der in Mailand lebt, gilt als Experte für internationalen Erziehungsfragen und Design. Er stand zuletzt der staatlich anerkannten privaten Mailänder Universität der schönen Künste Naba (Nuova accademia di belle arti) vor, die mit ihren 3000 Studenten zum Network des weltweiten Bildungskonzern Galileo Global Education gehört. Galileo unterhält 32 Privatuniversitäten in 12 Staaten – in Deutschland unter anderem in Freiburg und München. Bonisoli hatte bereits in verschiedenen Funktionen dem römischen Kulturminister als Berater gedient und an der Wirtschaftsuniversität Bocconi unterrichtet. Er leitet außerdem seit 2013 eine Plattform zu Ausbildungsfragen im Bereich Mode.
Als enger Freund der Familie Casaleggio – der verstorbene Internetunternehmer Gianroberto Casaleggio war Mitbegründer der Fünfsternebewegung (M5S), sein 43jähriger Sohn Davide ist der Mann, der heute im Hintergrund die Fäden zieht – hatte er sich auch in Mailand um ein Direktmandat für das neue Parlament beworben, war aber einem Mitte-Links-Kandidaten unterlegen. Die Homepage des Kulturministeriums (Mibact) weist ihn als Minister für Kulturgüter, Kulturaktivitäten und Tourismus aus.
Verbreitung von Kultur in den Peripherien
Im Koalitionsvertrag zwischen M5S und Lega bleibt der Passus (Punkt 7) über Kulturfragen äußerst vage. Kultur sei „eine Motor des Wachstums“. Die Museen und archäologischen Einrichtungen müssten „wieder ein Anziehungspunkt des internationalen Interesses“ werden. Sie sollten sich der „Verwendbarkeit“ öffnen und den Besuchern Dienstleistungen bieten. Das Finanzierungssystem der Opern, Theater etc sei „reformbedürftig“ und müsse sich in Zukunft nach der „Qualität der künstlerischen Projekte“ ausrichten. Nach einem Untersuchung des Corriere della Sera haben Kultur und Tourismus zusammen 12 Prozent Anteil am Bruttoinlandsproduktes (BIP) und 14 Prozent am Arbeitsmarkt.
In ersten Erklärungen hat der Neo-Minister angekündigt die staatlichen Investitionen im Kulturgüterbereich auf mindestens ein Prozent des BIP zu steigern und die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen zu verbessern. Er möchte, so zitiert ihn la Repubblica, Initiativen anregen, um „den Schutz, die Digitalisierung der Kulturgüter und die Verbreitung von Kultur in der Fläche des Landes und besonders in den peripheren Gebieten zu gewährleisten.“
Erste Schwierigkeiten könnten auf Bonisoli in Sachen Berufung ausländischer Direktoren an öffentliche italienische Kultureinrichtungen zukommen. Demnächst wird der römische Staatsrat endgültig über Klagen gegen die von der vorangegangenen Regierung eingeführte Regelung entscheiden(- siehe auch auf Cluverius: Alte Zöpfe). Ein Spruch gegen die neue Berufungspraxis, nach der Ausländer inzwischen die Uffizien in Florenz, die Pinakothek Brera in Mailand oder das Museum Capodimonte in Neapel leiten, würde einen herben Rückschlag für die gerade vollzogene Öffnung der italienischen Kulturbürokratie bedeuten. Und auch wenn sich noch nicht viel über den neuen Kulturminister sagen lässt – auf seine internationale Orientierung lässt er eigentlich nichts kommen.