Laura Bispuri legt das komplexe wie brüchige Geflecht von Beziehungen innerhalb einer Familie offen. Der Film kommt als „Das Pfauenparadies“ fast zeitgleich zum Kinostart in Italien auch in Deutschland in die Kinos.
Mailand (Cinema Anteo) – Ein Pfau verliebt sich in eine weiße Taube, was tragisch endet. Der Film „Il paradiso die pavoni“ (Das Pfauenparadies) benutzt diese kuriose wie anrührende Geschichte einer unmöglichen Beziehung, um die Probleme möglicher Beziehungen und realer Intimitäten innerhalb eines erweiterten Familienverbundes kritisch aufzudecken – ohne auf empathische Annäherungen zu verzichten. Der Film von Laura Bispuri spielt an einem Wintertag in einer Wohnung am Meer unweit von Rom. Nena (Dominique Sanda), die mit Umberto (Carlo Cerciello) seit fünf Jahrzehnten verheiratet ist, veranstaltet eine Geburtstagsfeier, zu der sie ihre ganze Familie einlädt. Es wird ein Tag der Enthüllungen, die auch Nena und Umberto mit einbeziehen.
Zu den Gästen gehören unter anderen Nenas Kinder Vito (Leonardo Lidi) und Caterina (Maya Sansa), ihre Schwiegertochter Adelina (Alba Rohrwacher), ihre Enkelin Alma (Carolina Michelangeli) und sogar Catarinas Ex-Mann Manfredi (Fabrizio Ferracane) mit seiner neuen ukrainischen Liebschaft Joana (Tihana Lazovic) sind dabei. Für Nena gehören auch die Haushaltshilfe Lucia (Maddalena Crippa) und ihre Tochter Grazia (Ludovica Alvazzi) zur Familie. Der ungewöhnlichste Gast ist Paco, der Pfau, den Alma als Haustier überallhin mitnimmt. Und dessen tragische Liebe eben die Lieben der anderen auf einen Prüfstand stellt.
Il paradiso del pavoni ist der dritte Spielfilm der heute 45 jährige Römerin Laura Bispuri. Das Drehbuch hat sie zusammen mit Silvana Tamma geschrieben. Wobei der Film sich von der dramaturgischen Entwicklung auch wie ein Theaterstück denken ließe. Er breitet eine Fülle kleiner Geschichten aus, die allerdings der Regisseurin hier und da drohen, aus der Hand zu gleiten, und die nicht allen Personen in ihrer Tiefe gerecht werden. Dennoch fasziniert die Darstellung dieses brüchigen Beziehungsgeflechts auch wegen der Darstellerinnen, allen voran Alba Rohrwacher und Maya Sansa. Dominique Sanda bleibt als Nena etwas statuenhaft. Mehr Raum hätte man sich für Maddalena Crippa als Lucia gewünscht.
Sich gegenseitig in die Augen sehen
Der Film wurde u.a. auf der Kino-Biennale 2021 in Venedig in der Reihe „Orizzonti“ präsentiert. Dafür schrieb die Regisseurin diese Notiz:
„Es gibt Filme, denen man jahrelang hinterherläuft, und andere, die plötzlich in dein Leben treten und dich überraschen. Il paradiso dei pavoni ist eine kleine Reise in die Intimität und Authentizität des Menschen: ein Film über eine Großfamilie, in der jeder mit jedem redet, aber keiner dem anderen wirklich zuhört. Bis ein unerwartetes Ereignis die Protagonisten dazu zwingt, sich gegenseitig in die Augen zu sehen und sich als das zu offenbaren, was sie sind. Und es ist, als würde ihr Leben plötzlich zu unserem werden, in einem Spiegel der Gefühle, der uns über die Komplexität menschlicher Beziehungen, das Geheimnis des Verlustes, die tausend Stimmen, die aus unserem Inneren zu uns sprechen, die Bedeutung der Stille und unsere ständige Suche nach Liebe nachdenken lässt.“
Il paradiso dei pavoni, den auch die Film und Medienstiftung NRW unterstützt hat, wurde bislang auf mehreren europäischen Festivals gezeigt. Nach dem Kinostart in Italien im Juni kommt er jetzt in Deutschland unter dem Titel Das Pfauenparadies am 7.Juli in die Kinos (Vertrieb Realfictionfilme).
Il paradiso dei pavoni Mit u.a. Dominique Sanda, Alba Rohrwacher, Maya Sansa, Carlo Cerciello, Fabrizio Ferracane, Leonardo Lidi, Tihana Lazovic, Yile Vianello, Ludovica Alvazzi Del Frate, Carolina Michelangeli und Maddalena Crippa. Regie: Laura Bispuri. Buch: Silvana Tamma, Laura Bispuri. Kamera: Vladan Radovic. Schnitt: Carlotta Cristiani, Jacopo Quadri. Produktion: Vivo Film, Match Factory Productions, Rai Cinema und mit Unterstützung der Film und Medienstiftung NRW. Italien/Deutschland 2021. Länge: 89 Minuten.
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Info zum deutschen Kinostart hier