Palermo, Mitte Mai – Wenn es Abend wird in Palermo, dann strahlt das Teatro Massimo im warmen Licht der Scheinwerfer. Besonders jetzt, weil die Bühne sich selbst feiern kann. Vor 120 Jahren, im Mai 1897, hatte man das Opernhaus (mit Verdis „Falstaff“) eröffnet. Längst ist der Bau mit seinem eklektisch neoklassizistischen Stil als eine Art zivile Basilika das Symbol für Palermo geworden, wie es der Dom für Mailand oder die Rialtobrücke für Venedig sind. Tagsüber flanieren Passanten auf der Piazza Verdi und Touristen sitzen auf der prächtigen Freitreppe, die hoch zu den Säulen des Portikus führt. Abends treffen sich hier Jugendliche. In das von der Grundfläche größte Theater Italiens (und nach den Opern in Paris und Wien das drittgrößte in Europa) strömen außerhalb der Veranstaltungen jährlich rund 100 000 Besucher zu Führungen in seine von Kuppeln gekrönten Räumen, die teilweise in einem pompejanischen Stil ausgemalt wurden. Damit ist das Teatro Massimo nach der Cappella Palatina das meistbesuchte Monument der Stadt.
Mit Mahlers „Auferstehungssymphonie“ wurde jetzt das 120jährige Bestehen gefeiert. Und die Wiedereröffnung vor 20 Jahren, nachdem die Bühne von 1974 an quälende 23 Jahre geschlossen geblieben war. Palermo befand sich in jenen Jahren gleichsam im Kriegszustand. Mafiagruppen befehdeten zunächst blutig einander und richteten dann extreme Gewalt ebenso gegen Vertreter von Justiz, Journalismus und Politik. Auf der Strecke blieb auch die Kultur (– und die ehemalige Gartenstadt im Westen, die von hässlichen Betonbauten überzogen wurde). Es sei ein Krieg gegen die Schönheit der Stadt gewesen, sagt heute der Intendant des Massimo Francesco Giambrone. Erst nach den Morden an Giovanni Falcone und Paolo Borsellino im Frühjahr 1992 sei ein Ruck durch die Bevölkerung gegangen: Basta, genug! Und parallel zu neuem zivilen Bewusstsein habe auch das Teatro Massimo zurück zu sich selbst gefunden. Wieder eingeweiht wurde es 1997 bei einem Konzert der Berliner Philharmoniker unter Claudio Abbado mit eben jener 2. Symphonie von Gustav Mahler („ Auferstehung“), mit der auch jetzt gefeiert – und erinnert – wurde.
Wer bei den Führungen Glück hat, wird bis aufs Dach geführt, wo man den schönsten Blick auf Palermo hat, den man sich denken kann. Da liegt die alte arabisch-normannische Stadt, aus der barocke Kuppel wachsen – belagert von hoch aufragenden Siedlungen aus Beton. Und im Norden glitzert tiefblau das Meer. (http://www.teatromassimo.it)