KAUFHAUS DER SCHÖNHEIT


Mailand: Wie die Grand Tour die Kunstszene in Italien belebte. Eine prächtige Ausstellung in den Gallerie d’Italia  

© Cluverius

Neoklassische Skulpturen und ein Kandelaber aus der Werkstatt von Piranesi (um 1780) in der ehemaligen Schalterhalle eines Mailänder Bankhauses

 Mailand (Gallerie d’Italia bis 27.3.) – Landschaften, die verzaubern, Städte, die faszinieren, Kunstschätze ohnegleichen und ein mildes Klima – die „Marke“ Italien beherrscht den Tourismusmarkt weltweit. Ihre Form prägte sich in der Zeit vom Ende des 17. bis Mitte des 19. Jahrhunderts aus, als Bildungsreisende sich in der „Grand Tour“ zwischen Venedig und Sizilien auf die Suche nach den Zeugen aus Antike und Renaissance machten und es zum guten Ton meist junger Vertreter der oberen Gesellschaftsschichten gehörte, es ihnen gleich zu tun. Während die einen vor allem literarisch Zeugnis ablegten, suchten die kaufkräftigen anderen, künstlerische Zeugnisse als Erinnerungsstücke mit nach Hause zu nehmen. Die prächtige Ausstellung „Grand Tour. Sogno d’Italia da Venezia a Pompei“ in den Gallerie d’Italia-Piazza Scala belegt wie die Kunst – vor allem die Malerei mit Ansichten von Landschaften und Städten aber auch mit Porträts der Reisenden – aufblühte.

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Der alte Goethe in eine Landschaft bei Neapel versetzt, die er 40 Jahre zuvor besucht hatte – Gemälde von Heinrich Christoph Kolbe (1826)

Italien wurde damals „zum wichtigsten Markt alter Kunst“, erzählt der Kurator Fernando Mazzocca im Gespräch mit dem Giornale dell’Arte. Aber auch zu einer Art „Manufaktur kostbarer Gegenstände, zu einem Kaufhaus der Schönheit“. Porzellan aus Neapel, Silber- und Bronzearbeiten aus Rom, Möbel aus Florenz und natürlich die Gemälde auch ausländischer Künstler, die an diesem wachsenden Markt teilhaben wollten. Von Hackert bis Ingres, von Elisabeth Vigée Lebrun bis Angelika Kauffmann erlebt man die typische Ruinenlandschaft aber auch das Alltagsleben etwa in Venedig. Man vermisst vielleicht einen Tischbein oder die Nazarener. Kurios eine Darstellung des alten Goethe vor dem Vesuv, den er ja als junger Mann bestiegen hat, vom Düsseldorfer Maler Heinrich Christoph Kolbe (1826).  In der Ausstellung werden in Zusammenarbeit mit  dem Museo Archeologico Nazionale von Neapel und dem Museum der Eremitage von Sankt Petersburg rund 130 Exponate (Gemälde, Statuten, Keramiken, Objekte) aus der Sammlung der Bankgruppe Intesa Sanpaolo und Leihgebern aus aller Welt gezeigt.

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Von der Bank zum Ausstellungsraum: Gallerie d’Italia in Mailand – im Hintergrund Arbeiten u.a. von Hubert Robert (um 1770)

Man zieht gleichsam durch die klassischen Etappen, allen voran Rom und Neapel mit Pompei, aber auch Florenz und Venedig dazu der Süden Italiens. Italien wie es die Reisenden in der „Sattelzeit“ zwischen der Vormoderne und der Moderne erlebten, auf der Suche nach gemeinsamen, nach europäischen Wurzeln. Und in diesem Sinn ist das auch eine ganz aktuelle Ausstellung.

Die Gallerie d’Italia (mit Sitzen in Mailand, Vicenza und Neapel) ist eine Einrichtung der Bankgruppe Intesa Sanpaolo und der Fondazione Cariplo. Die Mailänder Niederlassung an der Piazza der Scala in einem historischen Bankhaus zeigt neben Wechselausstellungen in einer festen Ausstellung Arbeiten aus den Beständen etwa aus dem italienischen 19. Jahrhundert („Von Canova bis Boccioni“). Außerdem ein reiche Sammlung aus dem 20. Jahrhundert von De Chirico bis Sironi, Guttuso bis Manzoni.

Grand Tour. Sogno d’Italia da Venezia a Pompei“. Gallerie d’Italia, Mailand. Bis 27.3. Tgl. außer Mo 9.30 bis 19.30 Uhr (Do bis 22.30 Uhr). Eintritt: 10 Euro. Katalog (Edizioni Gallerie d’Italia/Skira) 35 Euro.

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