Mondadori schluckt die Buchabteilung der RCS Mediengruppe


Mailand. Nach monatelangen Verhandlungen haben sich Mondadori und die RCS Mediengruppe am Sonntag über den Verkauf von RCS Libri geeinigt. Damit übernimmt der Verlag Arnoldo Mondadori Editore, der von der Fininvest Holding (Berlusconi) kontrolliert wird, zum Preis von 127,5 Millionen Euro die Verlagsmarken Rizzoli, Bompiani, Fabbri, Sonzogno und Marsilio. Zum Paket gehören auch die beiden großen Rizzoli-Buchhandlungen in Mailand und New York. Die RCS-Anteile an den Adelphi Edizioni hat Verlagsgründer Roberto Calasso zurück gekauft und das Haus damit wieder unabhängig gemacht. Mondadori, zu dem bereits die Verlage Einaudi, Piemme, Sperling & Kupfer sowie Electa gehören, kontrolliert mit der Übernahme jetzt mehr als 35 Prozent des Buchmarktes (und 25 Prozent des Schulbuchsektors). An zweiter Stelle folgt weit abgeschlagen die Gruppe Mauri Spagnol mit 9 Prozent vor Giunti (6,3 Prozent) und Feltrinelli (5 Prozent). Die RCS-Mediengruppe, zu der auch das Presseimperium um den Corriere della Sera gehört (das von der Übernahme entgegen anderer Meldungen nicht betroffen ist), wurde nach starken Verlusten und einer hohen Verschuldung von 526 Millionen Euro bei knapp über einer Milliarde Euro Umsatz in 2014 von den Banken zum Verkauf der Buchabteiung mehr oder weniger gezwungen.

Autoren protestieren gegen die Übernahme
Bereits bei Beginn der Verhandlungen hatten Schriftsteller der RCS-Verlage wie Umberto Eco vor einer Übernahme durch Mondadori gewarnt, das so eine nicht mehr kontrollierbare Machtposition in Verhandlungen mit Autoren wie mit dem Buchhandel gewönne und eine akute Bedrohung für mittlere und kleinere Verlage darstelle. Zudem wird ein Abbau von Arbeitsplätzen gefürchtet. Nach der erfolgten Fusion der beiden Mailänder Verlagshäuser protestierten jetzt auch Autorinnen und Autoren wie Dacia Maraini (Rizzoli), Nicola Lagioia (Einaudi) oder Sandro Veronesi (Bompiani). Sie hoffen auf einen Einspruch des italienischen Kartellamts. Fachleute sagen aber voraus, dass die Aufsichtsbehörde Mondadori höchsten zwingen kann, kleinere Anteile abzugeben. Auch Kulturminister Dario Franceschini ließ Zweifel an dem Vorgang „in einem delikaten Marktgebilde“ laut werden, erklärte aber zugleich, dass sich die Regierung nicht einmischen dürfe.

Der italienische Buchmarkt zeigt sich im europäischen Verlag eher schwach. Zuletzt wurden im Jahr 63.000 Titel bei einem Gesamtumsatz von 2,6 Milliarden Euro produziert (in Deutschland 87.000 Titel bei 9,5 Milliarden Euro Umsatz). Im Jahr 2014 hat nur rund 42 Prozent der Bevölkerung über sechs Jahren mindestens ein Buch gelesen. Ein ganz kleiner Anteil von sogenannten starken Lesern macht über 30 Prozent des Umsatzes aus. Gerade weil es dem Buchhandel schlecht ginge, so Mondadori-Chefin Marina Berlusconi in einem Interview mit dem Corriere della Sera, komme es darauf an Kräfte zu bündeln. Es wichtig, die „notwendige Größenordnung zu haben, um mit ausländischen Verlegern Schritt zu halten.“ Und so, fügt die Tochter des früheren Ministerpräsidenten hinzu, um Monopolisten wie Amazon die Stirn bieten zu können.

Abzuwarten bleibt, ob Berlusconis Fininvest jetzt über Mondadori versucht, die marktbeherrschende Stellung auch politisch auszunutzen. Die relative Unabhängigkeit, mit der etwa das eher links orientierte „Edelverlagshaus“ Einaudi in den vergangenen Jahren innerhalb der Mondadori-Gruppe operieren konnte, lässt allerdings hoffen.

 

Erstveröffentlichung in kürzerer Form in der Neuen Zürcher Zeitung vom 6.Oktober 2015