Mit dem Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis werden in diesem Jahr Victoria Lorini und Reimar Klein ausgezeichnet.
Berlin/Florenz/Triest – Die „Vite“, die Lebensbeschreibungen der berühmtesten Maler, Bildhauer und Architekten, die Giorgio Vasari 1550 in erster und 1568 in zweiter Auflage publizierte, gelten als ein Fundament für die wissenschaftliche Auseinandersetzung in der Geschichte der Kunst. Es sind Texte zu vorwiegend italienischen Künstlern von Cimabue und Giotto bis Tizian und Vasari selbst. Der Wagenbach Verlag Berlin hat sie zusammen mit dem Deutschen Kunsthistorischen Institut Florenz in einer „Edition Giorgio Vasari“ unter der Leitung von Alessandro Nova in einer Taschenbuchreihe neu auf Deutsch und vor allem ungekürzt herausgegeben und kommentiert. Die meisten Texte dieser großartigen wissenschaftlichen wie verlegerischen Arbeit, die in 45 Bänden zwischen 2004 und 2015 entstand, hat Victoria Lorini übersetzt. Dafür wird sie jetzt mit dem Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis ausgezeichnet.
Die Kunsthistorikerin und Übersetzerin Victoria Lorini lebt in Rom. Von ihr liegt u.a. auch die Übertragung von Salvatore Settis Streitschrift „Wenn Venedig stirbt“ (Wagenbach 2015) vor. 1997 hatte sie als Studentin an einem Hauptseminar von Alessandro Nova der Universität Frankfurt teilgenommen, in dem die Idee zur Neuübersetzung der „Vite“ geboren wurde. Alessandro Nova leitet seit 2006 zusammen mit Gerhard Wolf das Deutsche Kunsthistorische Institut in Florenz, eine Einrichtung der Max-Planck-Gesellschaft.
Die Neuübersetzung der „Vite“, so erzählt Victoria Lorini in einem Supplement-Band zur Edition Giorgio Vasari, musste modernen Ansprüchen der Quellenexegese genügen. Vasaris verschiedene Stilformen – vom Moralisieren bis zur nüchternen Beschreibung, von anekdotischer Erzählung bis zu unterhaltsamen Passagen – stellten aber die Übersetzerin vor immer neue Hürden, die gelegentlich nur durch die Teamarbeit mit den Herausgebern überwunden werden konnten. Entscheidend aber blieb die Feinarbeit der Übersetzerin. Vasari, so heißt es in der Begründung zur Verleihung des Preises an Victoria Lorini, gewinne so „neue Strahlkraft und Lesbarkeit“.
Förderung des kulturellen Austausches
Der Deutsch-Italienische Übersetzerpreis, den das Staatsministerium für Kultur und Medien zusammen mit dem Auswärtigen Amt zum ersten Mal 2007 ausgelobt hatte, soll den geistigen und kulturellen Austausch zwischen Deutschland und Italien kontinuierlich fördern. Mit ihm werden jährlich im Wechsel Übersetzerinnen und Übersetzer aus dem Deutschen bzw. aus dem Italienischen ausgezeichnet. Neben Victoria Lorini wird in diesem Jahr Reimar Klein für sein Lebenswerk prämiert.
Reimar Klein hat u.a. die im Hanser Verlag erschienenen essayistischen und erzählerischen Arbeiten von Roberto Calasso übersetzt – zuletzt „Der Traum Baudelaires“ (2008) und „Die Glut“ (2010). Reimar Klein lebt in Triest und hat dort bis vor kurzem an der Universität Sprachwissenschaft unterrichtet. In einem Gespräch mit der Triester Zeitung Il Piccolo unterstreicht er die Bedeutung von Empathie mit dem zu übersetzenden Text und der Welt des Autors, um zu einem zufrieden stellenden Ergebnis zu kommen. Reimar Kleins eindrucksvollen Übertragungen der Studien von Calasso zu Tiepolo, Baudelaire und den vedischen Mythen, so im Urteil der Preisjury, zählten „zu den Höhepunkten der Sachbuchübersetzungen der letzten Jahre.“ Der Übersetzer stehe auf dem Fundament der Wissenschaftssprache des 19. Jahrhunderts und mache sie für das 21. Jahrhundert fruchtbar.
Ein Nachwuchsförderpreis für Martin Hallmannsecker
Die Preise an Victoria Lorini und Reimar Klein sind mit je 10.000 Euro dotiert. Ausgezeichnet wird auch Martin Hallmannsecker, der in Oxford lebt und dort an der Universität an seinem DPhil in antiker Geschichte arbeitet. Er erhält für seine Übersetzung des Novellenbandes „Maestro Amor“ von Luigi Pirandello (Beck 2016) den Nachwuchsförderpreis. Die Auszeichnungen werden am 26. Juni in Berlin von Kulturstaatsministerin Monika Grütters und dem Staatssekretär des italienischen Kulturministeriums Antimo Cesare überreicht.
Info: www.deutsch-italienischer-uebersetzerpreis.de
Zum Vasari Forschungsprojekt des KHI siehe hier
Auf Cluverius: Der Wagenbach Vasari