SCHLANGESTEHEN VOR VENEDIG?


Die Lagunenstadt darf jetzt auch von Tagespendlern eine Ortstaxe verlangen. Aber hat noch keinen Modus dafür gefunden

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Demnächst nur noch nach Vorbuchung ? – Postkartenblick auf Venedig

Venedig – Wie soll das gehen? Drehkreuze und Kassenhäuschen an der Piazzale Roma, vor dem Bahnhof, am Flughafen? Aufpreise für Bahn-, Bus-, Schiff- und Flugtickets? Ein obligatorischer Venedig-Pass? Abbuchung vom Handy? Zugang nur nach Vorbestellung? Sonderregelungen für Museums- und Biennale-Besucher? Muss man demnächst Schlange stehen, wenn man nach Venedig will?

Rund 77 Tausend Personen strömen im Durchschnitt täglich nach Venedig, knapp 20 Tausend davon übernachten in der Lagunenstadt und zahlen im Hotel eine Ortstaxe je nach Jahreszeit von zwei bis fünf Euro. Schon seit geraumer Zeit denkt Bürgermeister Luigi Brugnaro daran, die anderen 57 Tausend mit einer „tassa di sbarco“, einer „Landegebühr“ zur Kasse zu beten. Jetzt hat er die Möglichkeit dazu. Im italienischen Haushaltsgesetz 2019, vom römische Parlament zum Jahreswechsel verabschiedet, wird Venedig die rechtliche Möglichkeit eingeräumt, „Eintritt“ auch von Tagespendlern zu nehmen. In einer Höhe etwa wie bei der Ortstaxe in den Hotels.

Keine Frage, die Lagunenstadt verträgt den Zustrom der Massen nicht mehr. Nach einer Untersuchung der Wirtschaftsfakultät der Universität Ca’ Foscari liegt die Grenze im Durchschnitt bei 52.000 Besuchern am Tag oder 19 Millionen im Jahr – aber es kommen 28 Millionen und fast drei Viertel davon sind eben Tagespendler. Wichtig, so die Wissenschaftler, sei es, den Zufluss zu planen.

Nicht nur Kasse machen

Könnte man das mit einer „Landegebühr“ steuern? Über einen „Venedig-Eintritt“ wird seit Jahrzehnten immer mal wieder nachgedacht. Bislang wurden solche Ideen regelmäßig als unpraktikabel verworfen. So etwas funktioniert bislang nur auf kleinen Inseln, wie etwa Capri. Man werde, so wird der Bürgermeister von den Medien zitiert, „eine ausgewogene Regulierung“ finden, die diejenigen schützen soll, die in Venedig leben und arbeiten. Aber wie? Ein Ausschuss des Stadtrates mit Vertretern aller Parteien solle jetzt Modelle erarbeiten, fordert die Opposition. Auch müssten die Einnahmen gezielt für die Erhaltung der Stadtstrukturen eingesetzt werden, Venedig dürfe mit dieser „city tax“ nicht nur Kasse machen wollen.

Der Fall Venedig und die Aussicht, die kommunalen Einnahmen zu steigern, hat den Appetit in anderen Landstrichen gesteigert. Schon ruft man etwa in den Cinque Terre oder an der Amalfiküste nach ähnlichen Maßnamen. Und warum soll den Florentinern oder Römern nicht recht sein, was den Venezianern billig ist? Aber bevor eine „Landegebühr“ in Venedig Realität wird, wird wohl noch so manche Touristenflut über die Lagunenstadt rollen. In drei Jahren könnte es soweit sein, rechnen die Experten.