SIE SIND WIEDER DA


Die Familie Agnelli kehrt ins Mediengeschäft zurück und übernimmt die Mehrheit der Gedi-Gruppe (la Repubblica, L’Espresso , HuffPost u.a.). Und schon wechseln die Chefredakteure

Flaggschiffe der Gedi-Gruppe, die jetzt unter der Aufsicht der Familie Agnelli gesteuert werden

Mailand/Rom –  Stühlerücken in der italienischen Medienlandschaft: Maurizio Molinari, bis vor ein paar Tagen noch Chefredakteur der Turiner Tageszeitung La Stampa, ersetzt Carlo Verdelli auf dem Chefposten der römischen la Repubblica. Wirtschaftsexperte Massimo Giannini, lange Zeit Vizechef der Repubblica und zuletzt Leiter des privaten Radio Capital, wird Chefredakteur der Stampa. Von der Stampa wechselt Mattia Feltri (Leiter der Hauptstadtredaktion Rom) in die Chefetage der italienischen Ausgabe der Huffington Post. Dieses Personenkarussel hat ein Player in Gang gebracht, der sich lange Zeit aus dem italienischen Mediengeschäft rausgehalten hatte: John Elkann,  der 44jährige Enkel des „Avocato“ Giovanni Agnelli, und Vorstandsvorsitzender u.a. von Exor, der Finanzgesellschaft der Familie Agnelli, die (der niedrigen Steuern wegen) in Amsterdam residiert.

Exor hat jetzt mit einer eigens dafür gegründeten Gesellschaft Giano Holding die absolute Mehrheit des Gedi Gruppo Editoriale (Rom) übernommen, die Geschäftsleitung neu besetzt und die Chefposten der wichtigsten Unternehmen der Gruppe neu vergeben. Zur Gedi-Gruppe gehören neben Repubblica und Stampa auch überregionale Tageszeitungen wie Il Secolo XIX (Genua) sowie eine ganze Reihe Regionalblätter, Radio- und TV-Sender wie die gewinnbringende Station Radio Deejay (Mailand), das politische Wochenmagazin L’Espresso, die Zeitschriften Limes oder MicroMega, Online-Auftritte (HuffPost u.a.). Dazu kommen PR-Agenturen und Internetprovider (u.a. Kataweb). Umsatz 2019 rund 600 Millionen Euro bei einem Verlust von 129 Millionen Euro.

Machtkampf der De Benedetti

Vorausgegangen war im vergangenen Herbst ein Machtkampf innerhalb der Gedi zwischen dem Altunternehmer Carlo De Benedetti, der lange die aus dem Gruppo Editoriale L’Espresso hervorgegangen Gedi-Gruppe geführt hatte, und seinen Söhnen, bei dem Vater De Benedetti den Kürzeren zog. Die Familie Agnelli hatte sich für Jahrzehnte die Turiner Stampa als Hausblatt gehalten und eine wichtige Beteiligung bei der Mailänder RCS-Gruppe (Corriere della Sera) gehabt. Anfang 2000 begann man sich auch wegen des rasanten Auflagenverlustes der Tageszeitungen aus dem Mediengeschäft zurückzuziehen – aus der Stampa endgültig 2014, aus dem Corriere 2016.

Nun also die Rückkehr. Bereits im Dezember stieg Exor bei Gedi mit einer 43 Prozent Beteiligung ein, die inzwischen auf über 60 Prozent gewachsen ist Über die Motive der Agnellis wird viel spekuliert. Offensichtlich will Exor (Umsatz 144 Milliarden Euro), das auch Italiens größtes multinationales Unternehmen FCA Fiat Chrysler (Sitz Amsterdam) kontrolliert und wichtige Beteiligungen bei internationalen Medien (44 Prozent von Economist) hält, sich wieder publizistische Rückendeckung im Heimatland verschaffen. Auch wenn man sich fragt, was schließlich den Sinneswandel herbei geführt hat.

Digitale Aufstellung

Welche Folgen das Stühlerücken in den Medien hat, wird sich noch zeigen. Deutlich ist das Signal für die zuletzt wirtschaftlich arg schwächelnde Repubblica, die unter Carlo Verdelli zuletzt den politischen Links-Kurs noch verstärkt hatte. Maurizio Molinari, der bei der Stampa erfolgreich den Internet-Auftritt ausgebaut hatte, soll jetzt die Repubblica vor allem digital neu aufstellen. Und nicht nur sie: Molinari auch ist zum Verlagsdirektor der ganzen Gedi-Gruppe ernannt worden. Zugleich soll der ehemalige Auslandskorrespondent (USA, Israel) wohl dem römischen Meinungsblatt wieder mehr Leser aus der politischen Mitte zurückgewinnen. Was wiederum Stimmen neue Nahrung verschafft, nach denen Verleger wie Carlo Feltrinelli an die Gründung einer neuen nationalweiten linksgerichteten Tageszeitung denken,  über die im Foglio bereits als „Repubblica 2, die Rache“ gewitzelt wurde.

Die neu gegründete Holding, mit der Exor die Kontrolle über die Gedi-Gruppe übernommen hat, trägt den Namen „Giano Holding“.  Janus (italienisch giano) ist der antike römische Gott der Schwelle und Namensgeber des Monats Januar. Er wird mit zwei Gesichtern dargestellt: eines, das zurück blickt, und ein anderes, das vorwärts sieht. Ein Gott des Übergangs also. Die Frage ist: haben wir den Übergang gerade erlebt oder wird er noch kommen?