Italien diskutiert über die Ankündigung von Eike Schmidt, von den Uffizien an das Kunsthistorische Museum Wien zu wechseln
Florenz/Mailand – Für die italienische Kulturwelt war die Ankündigung ein Schock: Der deutsche Kunsthistoriker Eike Schmidt wird die Uffizien am Ende seiner vertraglich vereinbarten Amtsperiode Ende 2019 verlassen und dann die Nachfolge von Sabine Haag bei der Leitung des Kunsthistorischen Museums Wien antreten. Das sei kein gutes Zeichen, kommentierte der Architekt und ehemalige Kulturpolitiker Stefano Boeri. Man habe den Eindruck, Schmidt habe die Uffizien nur als Sprungbrett für einen Karrieresprung genutzt.
Die Reform der staatlichen Museen
Es ist gerade mal zwei Jahre her, dass der italienische Kulturminister Dario Franceschini ein im Lande höchst umstrittenes Reformprojekt zur Erneuerung der staatlichen Museen auf den Weg gebracht hatte. An 20 Kultureinrichtungen – darunter die Uffizien – wurden nach einer internationalen Ausschreibung neue Direktoren (sechs davon aus dem Ausland) berufen. Das Ministerium bot weitgehende Autonomie in Sachen Finanzen, Verwaltung und inhaltlicher Ausrichtung an. Den neuen Direktoren wurde außerdem zum Ablauf der ersten Vertragszeit von vier Jahren eine Option auf Verlängerung ihrer Amtsperiode zugesichert. Auf die hat Schmidt nun verzichtet. Nicht ohne polemischen Unterton erklärte er in einem Interview mit der Florenz-Ausgabe des Corriere della Sera, er halte nichts „von feudalen Berufungen für ein ganzes Leben.“
In einem Land wie Italien, wo sich eine geraume Zahl von Amtsinhaber nicht von ihren Sesseln lösen können, ist es eigentlich unvorstellbar, dass jemand nicht nur die Option für eine Vertragsverlängerung nicht nutzt, sondern auch noch bereits zwei Jahre vor Vertragsende seinen Abschied bekannt gibt. Das sei doch, so erboste sich der Bürgermeister von Florenz Dario Nardella, als ob ein Fußballprofi bereits zu Saisonbeginn den Namen des Vereins nennen würde, zu dem er nach Abschluss der Saison wechseln würde.
Ein Affront gegenüber Italien?
Auch der Kunsthistoriker Tomaso Montanari zog Vergleiche zum „Fussballmarkt“, dem die staatlichen Museen Italiens ausgeliefert seien. Montanari, dem die ganze Reform sowieso nicht passt, bemerkte in der Tageszeitung „la Repubblica“ pikiert, dass Schmidt schließlich nicht nach Paris zum Louvre oder nach New York zum Metropolitan wechsele, sondern zu einem zwar anerkennten Museum im kleinen Österreich, das aber mit der Bedeutung der Uffizien nicht zu vergleichen sei. Für Italiener, die ihr Land in Sachen Kultur für eine Großmacht halten, muss das in der Tat ein Affront sein.
Eike Schmidt reagierte eher gelassen. Er habe noch viel vor in der verbleiben Zeit, sagte er in verschiedenen Interviews in der italienischen Tagespresse. Das reiche von der neuen Lenkung der Besucherströme bis zu gestaffelten Eintrittspreisen (siehe hier bei Cluverius). Sicher spielten auch die vielen bürokratischen Hindernisse bei seiner Entscheidung eine Rolle. So sei zum Beispiel nicht klar, ob die von ihm betriebene Eröffnung des Vasari-Korridors von den Uffizien zum Palazzo Pitti noch vor seinem Weggang abgeschlossen werden könne. Die juristischen Auseinandersetzungen um die Berufung ausländischer Direktoren (siehe hier bei Cluverius) haben grundsätzlich viel Bitterkeit und Misstrauen unter den Kollegen erzeugt. Das System der Autonomie, so der 49jährige Kunsthistoriker, hake an vielen Ecken, zum Beispiel seinen ihm die Hände bei der Berufung des in die staatliche Verwaltung eingebunden Personals gebunden.
Langer Atem ist gefragt
Dennoch sei die Museumsreform richtig und notwendig. Gezeigt habe das etwa in Florenz die mit privaten Geldern finanzierte „botanische Restaurierung“ der Boboli Gärten (- die Gärten und der Palazzo Pitti bilden seit der Reform mit den Uffizien einen zusammengehörigen Museumskomplex). Grundsätzlich gelte, dass man Reformen wie die Autonomie der Museen nicht übers Knie brechen könne: „Das ist ein Reformprozess, für den man einen langen Atem braucht.“