Venedig


Vor 25 Jahren brannte in Venedig das Gran Teatro la Fenice bis auf die Grundmauern ab, nachdem Handwerker Feuer gelegt hatten. Sieben Jahre später konnte das Haus „wo es war und wie es war“ wieder eröffnet werden. Zum Jubiläum spielt die Feuerwehrkapelle Venedigs – wegen Covid-Einschränkungen ohne Publikum Mailand/Venedig – Es ist Montag der 29. Januar 1996. Dunkelheit umhüllt Venedig nach einem kalten Wintertag. Um 20 Uhr 58 geht bei der Feuerwache ein Anruf ein. Eine Frau meldet starke Rauchentwicklung in einem Seitenflügel des Gran Teatro la Fenice, den sie gegenüber von ihrem Arbeitsplatz in einem Hotel sehen kann. Das Opernhaus ist seit einigen Wochen wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Wenige Minuten nach dem Anruf erreicht die erste Feuerwehreinheit das weltberühmte Theater. Durch die Fenster der Fassade leuchten bereits Flammen.

PHOENIX AUS DER ASCHE


Venedig und der Caffè (1): Vor 300 Jahren wurde das „Florian“ gegründet. Das heute älteste Kaffeehaus Italiens war ein Treffpunkt von Intellektuellen wie von Patrioten. Inzwischen ist es ein Touristenziel. Doch wegen Covid bleibt es vorerst geschlossen Mailand/Venedig – In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts überschwemmte ein Modegetränk Europa: der Kaffee. Eines der wichtigen Handelstore nach Europa für die aus dem Orient stammenden Bohnen war Venedig. Das Caffè Florian am Markusplatz hätte jetzt seine Gründung vor 300 Jahren feiern können. Hier trafen sich Einheimische wie Durchreisende, Intellektuelle wie Patrioten. Balzac notierte: „Das Florian ist zugleich eine Börse, ein Theaterfoyer, ein Leseraum, ein Klub, ein Beichtstuhl.“ Heute ist das inzwischen älteste Caffè Italiens vor allem Ziel betuchter Touristen. Doch zum Jahrestag am 29. Dezember blieb es den Covid-Regeln nach geschlossen. Unsicher, wann es wieder Gäste empfangen wird.

SCHWARZES GETRÄNK



Eine anregende wissenschaftliche Tagung in der Lagunenstadt am Deutschen Studienzentrum über das Thema Brücke, Literatur und Migration Venedig – Welche Rolle kann Literatur als Brücke spielen? Im Deutschen Studienzentrum Venedig (DSZV) trafen sich jetzt deutschsprachige und italienische Literaturwissenschaftler, um verschiedene Aspekte der Migrationsbewegungen in Texten, Comics oder auch Filmen zu diskutieren. Es ging darum – unter der Organisation von Barbara Kuhn (Uni Eichstätt) und Marita Liebermann (DSZV) -, das Bild der Brücke kritisch zu reflektieren sowie den Begriff der Migrationsliteratur unter die Lupe zu nehmen. Ohne Scheu vor der umfassenden Thematik und dem weit ausufernden Material gelang es den Teilnehmern aus Konstanz oder Berlin, Bologna oder Innsbruck, Graz oder Paderborn, sich in ihren Beiträgen – gleichsam wie bei einer Akupunktur – der Vielseitigkeit der Aspekte zu stellen ( – hier ein pdf mit Programm und Teilnehmern zum runterladen). Wobei Migration in ihrer ganzen Brandweite zwischen Flucht und Tourismus, zwischen ökonomischen und kulturellen Bewegungen verstanden wurde.

VENEDIG ALS METAPHER


In Italien werden mit Kulturfinanzierungen nach der Lockdown Krise Mittel für „Großprojekte der Kulturgüter“ wie die Loggia Isozaki in Florenz freigegeben.  Mailand/Rom – Klappt es jetzt? Im schönen, stolzen Florenz denkt man nun schon seit über 20 Jahren darüber nach, ob auf der Rückseite der Uffizien ein zweiter Zugang gebaut werden soll oder nicht. Arata Isozakis Entwurf (in Zusammenarbeit mit Andrea Maffei Architects) einer hohen Loggia hatte sich 1998 bei einer internationalen Ausschreibung durchgesetzt. Mit toskanischem Sandstein verkleidete Stahlträger würden dabei ein transparentes Oberlicht tragen. Gegenwart (im Entwurf) und Tradition (im Material) geben sich bei Isozaki die Hand. Im Jahr 2001 kam es zu einem ersten Vertrag zwischen dem japanischen Architekten und der Stadt bzw. dem italienischen Kulturministerium. Doch dann begannen immer mehr Stimmen sich gegen den „modernistischen Eingriff“ in das Stadtbild von Florenz zu wehren. Archäologische Ausgraben verzögerten das Projekt und schließlich erklärte die Denkmalschutzbehörde, es habe sowieso keinen Vorrang – das umstrittene Projekt blieb lange in der Schublade.

AUS DER SCHUBLADE GEHOLT



Das kulturelle Venedig lebt nach langem Lockdown wieder auf. Und in die Lücke der verschobenen Architekturbiennale ist 125 Jahre nach der Gründung der Biennale eine  dokumentarisch geprägte Ausstellung über die gemeinsame Geschichte ihrer sechs Sparten getreten. Venedig (bis 8.12.) – Gold fließt in den Fenstern des Museo Correr, die sich der Piazza San Marco zuneigen. Venedig will mit dieser Installation des Videokünstlers Fabio Plessi gegenüber der Markusbasilika spektakulär zeigen, dass es wieder geöffnet hat. Zu besichtigen sind – allerdings meist nur nach einerAnmeldung online  – wieder Museen und Kultureinrichtungen von Peggy Guggenheim bis zum Palazzo Grassi, von der Galleria dell’Accademia bis zur Ca’ Rezzonico. Die einer großen Öffentlichkeit gewidmete Architekturbiennale musste jedoch aufs kommende Jahr und dementsprechend die nächste Kunstbiennale von 2021 auf 2022 verschoben werden. Ausgerechnet jetzt zum Jubiläum, 125 Jahre nachdem die erste Biennale ins Leben gerufen worden war, muss Venedig auf einen solchen Kulturhöhepunkt verzichten. Die Lücke kann man nicht füllen, doch hat man aus der Not eine Tugend gemacht. 

DER DIALOG DER MUSEN