Kiefer monumental


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Anselm Kiefer im Hangar Bicocca – eine Neuinstallation

Mailand. Größe kann stumm machen. Im Hangar Bicocca am nördlichen Stadtrand ist ein monumentales Ambiente mit Werken von Anselm Kiefer entstanden, das wohl ohne Beispiel ist. In der ehemaligen Industriehalle sind bereits seit dem Jahr 2004 die „Sieben Himmelspaläste“ – bis zu 18 Meter hohe Türme aus Stahlbetonmodulen – in einer Dauerausstellung zu sehen. Jetzt sind großflächige bildnerische Arbeiten an den Wänden dazu gekommen. Fünf, in der Regel 6 Meter hohe und 7,6 Meter breite Werke mit Landschaften und architektonischen Formen. Sie spiegeln die typischen Kiefer-Themen vom Verhältnis Mensch-Natur-Geschichte wider und wurden bislang noch nie öffentlich gezeigt. Vicente Todolì, Chefkurator der Pirelli-Kulturstiftung Hangar Bicocca, hat die Installation unter dem Namen „I Sette Palazzi Celesti 2004-2015“ mit den Gemälden als langfristige Leihgabe des Künstlers eingerichtet.

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Kiefer monumental – im Hintergrund elf Meter lang „Die Deutsche Heilslinie“

In der Kathedrale einer anderen Zeit
Über einem grauen Betonboden erhebt sich die ganz in schwarz gehaltene Halle 30 Meter hoch. Die Kunstwerke werden wie von Sternen am dunklen Himmel beleuchtet. Wer den immensen Raum betritt, fühlt sich in die Kathedrale einer anderen Zeit versetzt. Gleichsam aus der Zukunft gesehen breitet sich die Gegenwart mit den Betontürmen als Trümmerlandschaft der westlichen Zivilisation und Geistesgeschichte aus. Die Türme, in die man jetzt auch eintreten kann, als bildeten sie im Raum verteilte Kapellen, verweisen mit Namen wie „Sefiroth“ zugleich auf kabbalistische Mystik. Die Gemälde gehen in der Neuinstallation einen Dialog mit den Türmen ein, greifen Themen auf oder bilden einfach nur eine neue Projektionsfläche für die bedrückend anspielungsreichen Architekturen.

Einen Höhepunkt bildet die 11 Meter lange und vier Meter hohe Leinwand mit dem Titel „Die deutsche Heilslinie“ (entstanden 2012/2013). Sie zeigt einen Regenbogen bestückt mit Namen der Philosophiegeschichte von Emmanuel Kant über die Idealisten bis hin zu Karl Marx. Der Bogen spannt sich weit über ein an Caspar David Friedrich erinnerndes Landschaftsbild. Klein steht der Besucher davor. Und stumm.

I Sette Palazzi Celesti 2004-2015. Hangar Bicocca (Neuinstallation), Mailand. Do bis So 11-23 Uhr (Mo bis Mi geschl.), Eintritt frei