ALL YOU NEED IS LOVE


Von London nach Mailand: Die Ausstellung „Revolution – Musica e ribelli“ spiegelt Jahre des Umbruchs 1966 und 1970 auf vorwiegend bunte Weise

Blumige Erzählung – Plakat zur Ausstellung in der Fabbrica del Vapore 

Mailand (Fabbrica del Vapore bis 4.April 2018) – Das ist eine Ausstellung mit Musik. Die Beatles, die Stones, die Who liefern den Soundtrack für die rebellische Zeit am Ende der 1960er Jahre. Wo sonst aus den Kopfhörern der Audioguides Erläuterungen zu hören sind, strömen hier Rhythmen. Revolution. Musica e ribelli 1966-1970 ist eine Schau „von den Beatles bis Woodstock“, so der Untertitel. Sie ist vom Victoria and Albert Museum London nach Mailand gewandert. In sieben Sektionen – vom Swinging London bis zu den neuen Musikfestivals der Rock-, Pop- und Jazzgruppen – versucht sie, die Jahre in den Griff zu bekommen, in denen die Gesellschaften der westlichen Welt die Nachkriegsgeschichte abschütteln wollten.

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Freiheit für die Beine! -Twiggy und der Minirock

50 Jahre „68“. In diesen Monaten beschäftigen sich die Medien ausgiebig mit dem magischen Jahr, das einer Generation ihren Namen gegeben hat. Eine Art Schanier-Jahr für viele. Protest gegen den Vietnamkrieg weltweit, Pariser Mai, Studentenunruhen in Berlin und Hamburg, Streikwelle in Italien, Militärintervention der Sowjetunion und Partnerstaaten in der CSSR. Aber „68“ war nicht nur ein einzelnes Jahr. Das war ein Zeitraum mehrerer Jahre, in denen sich unter dem Druck der Jugendrevolte Sitten und Stile veränderten. Die Kunst neue Formen suchte. Der Wirtschaftsboom die ökonomischen Parameter neu justierte und Konsumgewohnheiten veränderte. Und das Fernsehen die Wohnzimmer zur Welt machte. Aber das war ebenso eine Epoche, die gerade in Deutschland und Italien Keime für eine Periode der Gewalt legte.

Nostalgische Gefühle

Die Ausstellung tut gut daran, auch den gesellschaftlichen Aspekt dieser Revolution der Stile und Lebensentwürfe in Mode und Design, Werbung und Musik, Konsum und Kunst zu betonen, der heute oft ausgeblendet wird. Fotos und Kostüme, Nachbildungen von Boutiquen der Kings Road, Plattencover der Pink Floyd, Plakate mit Angela Davis, Poster von Rauschenberg, Videoausschnitte von Filmen wie Antonionis „Blow up“, das Sternenbanner auf dem Mond und natürlich Woodstock als Videoinstallation. Einerseits macht das Spaß, sich in einem aufwändig gestalteten Parcours mit rund 500 Exponaten zu bewegen – und weckt in älteren Besuchern sicher nostalgische Gefühle.

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Das Festival der Festivals: Woodstock als Videoinstallation

Anderseits aber kommt der politische und gesellschaftliche Protest zu kurz. Die Ausstellung zielt eindeutig auf eine positive, optimistische Grundstimmung jener Jahre. Es bleibt das Bild einer bunten Revolution – „All you need is love“. Und die in London höchst erfolgreiche Schau wird weitgehend unverändert übernommen. Italien nur in Texten erwähnt. Da hätte man sich einen Gegenschnitt durch eine Figur wie Pasolini gewünscht, der gerade jene Jahre zwischen Rom und Mailand mit luzider Skepsis begleitet hatte. Und: 16 Euro Eintritt ist auch bei einem tollen Soundtrack nicht zu rechtfertigen.

Revolution. Musica e ribelli 1966-1970. Dai Beatles a Woodstock. Fabbrica del Vapore, Mailand, bis 4. April 2018. Eintritt ( Mi, Fr bis So 10 – 20, Do 10 – 22, Mo 15 – 20 Uhr) 16 Euro. Katalog: Skira Editore 49 Euro
Info: www.mostrarevolution.it,

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