HALB GURU, HALB BAUER


100 Jahre Ettore Sottsass. Eine Ausstellung in der Triennale lässt auch das altes Buchprojekt „There is a Planet“ aufleben 

copyright Giuseppe Varchetta/Triennale

Sperrig, liebenswert, unberechenbar – Ettore Sottsass (1917-2007)

Mailand (Triennale bis 11.3.2018) – Ettore Sottsass war ein Multitalent. Architekt, Designer, Künstler, Schriftsteller. Vor einhundert Jahren wurde er am 14. September 1917 in Innsbruck als Sohn eines Italieners und einer Österreicherin geboren, vor zehn Jahren starb er am 31.12.2007 in Mailand. In der Mailänder Triennale wird er jetzt mit einer ganz intim wirkenden Ausstellung gefeiert, die seine Frau Barbara Radice eingerichtet hat. Designobjekte, Möbel, Skizzen, Fotografien zeichnen mit Zitaten aus seinen Schriften den Lebensweg dieses exzentrischen, von schöpferischer Kraft durchdrungenen Mannes nach.

„Halb indischer Guru, halb Tiroler Bauer“ nannte ihn der Corriere della Sera. Einerseits bodenständig, überzeugt, dass die Objekte unseres Alltags immer in einen sozialen Kontext eingebunden sind. Anderseits anarchistisch aber in der Lage, Formen zu schaffen, die das Gewöhnliche sprengen. Von Plänen für einem Hotelbau auf Sardinien (Iglesias) oder den ersten dreibeinigen ovalen Kaffeetischchen (1947) über das Carlton-Regal (1981), das sich sperrig wie ein Igel im Raum erhebt, bis zu den winkeligen Möbeln der Cabinet-Reihe (2003-2006).

copyright Gianluca Di IoiaTriennale

Valentine-Schreibmaschine

Staussymbol Valentine Schreibmaschine

Nach dem Studium in Turin gründete Sottsass 1947 in Mailand ein erstes Büro als Designer. 1958 begann die lang anhaltende Zusammenarbeit mit Olivetti – seine Valentine-Schreibmaschine war ein Statussymbol wie es heute ein MacBook ist. 1980 gründete er zusammen mit Jungtürken wie Marco Zanini oder Matteo Thun die Sottsass Associati. Ein Jahr später hob er die Gruppe Memphis aus der Taufe (von der er sich vier Jahre später wieder lossagte). 1988 rief er zusammen mit Barbara Radice die Zeitschrift Terrazzo ins Leben. 1998 entwarf er Teile des Mailänder Flughafen Malpensa (Terminal Eins).

Unterwegs in der Welt

Mailand war der Mittelpunkt seines Arbeitslebens, aber wirklich Leben hieß für ihn Reisen. Fotografien wie etwa die Reihe über „Die Mädchen von Antibes“ zeugen davon. Besonders aber die Fotos, die Ettore Sottsass für ein Projekt gesammelt und kommentiert hatte, das Anfang der 1990er Jahre zusammen mit dem Tübinger Wasmuth Verlag unter dem Titel „There is a Planet“ geplant war. Aufnahmen mit Natureindrücken von Reisen zwischen Europa, Amerika und Asien werden geschnitten mit Abbildern von weltweiten Architekturen von Baracken bis zu Friedhöfen. Das Projekt zerschlug sich schließlich. Auf Bestreben von Barbara Radice hat jetzt der Mailänder Electa Verlag „There is a Planet“ als Buch in englischer Sprache herausgebracht (272 Seiten, 133 Abbildungen, 28 Euro).

Der Titel des Buches ist auch auf die Ausstellung als Ganzes übergegangen, denn das Werk von Sottsass selber war in einem übertragen Sinn vielfältig, sperrig, liebenswert, übertrieben, konkret, unberechenbar, überbordend wie in Planet.

Ettore Sottsass – There is a Planet. Triennale, Mailand, bis 11. März 2018. Tgl außer Mo 10.30 – 20.30 Uhr. Eintritt 9 Euro. Katalog, Electa, (englisch/italienisch) 25 Euro.