IM STRUDEL EINES IDEENRAUBS


Der österreichische Künstler Helmut Schober protestiert gegen die Wiederholung eines von ihm erdachten Installation mit Wasserwirbeln durch das japanische Kollektiv TeamLab 

Copyright TeamLap

Abgekupfert? Die Wasserwirbelinstallation von TeamLap im Internet

Mailand – Der Grad ist schmal zwischen der originalen Schöpfung eines Kunstwerkes zu einem bestimmten Thema und der mehr oder weniger kongenialen Bearbeitung des Themas in einem anderen Werk. Können zwei Originale sich ähneln, wo fängt die Kopie an, wo der Gedankenraub und gibt es ein international einklagbares Recht auf die gleichsam Erstgeburt einer Idee? Der Maler und Performance-Künstler Helmut Schober staunte jedenfalls nicht schlecht, als er vor ein paar Monaten im Internet auf eine Lichtinstallation des japanischen Kollektivs TeamLab stieß, in der er eigene Ideen entdeckte.

Unter dem Titel Vortices Swirling Ocean Vortices (etwa: „Schwirrende Ozean-Wirbel“) wurden in einem Raum Wasserwirbel auf den Boden projizierten. Die Arbeit, die von Mitte Dezember bis Mitte April auf der Ausstellung „Triennial“ der National Gallery of Victoria (NGV) im australischen Melbourne zu sehen war und auch kurz in Köln gezeigt wurde, glich einer Installation von Helmut Schober, die der Österreicher zum ersten Mal 1978 im Museum of Contemporary Art Chicago präsentiert hatte und die ein Jahr später im Museum Ludwig Köln unter dem Titel „Whirlpool “ wiederholt wurde.

copyright Schober

Bereits 1978 – Wasserwirbel-Installation von Helmut Schober

Im Katalog zur Ausstellung im Museum Ludwig kann man lesen: „In Schobers Installation Whirlpool (Wasserstrudel, Wasserwirbel) ist der Hauptträger der Handlung der Besucher selbst. Er betritt allein einen verdunkelten Raum (es darf jeweils nur eine Person herein) und befindet sich inmitten eines riesigen Wasserstrudels. Dieser wird durch einen 16-mm-Film (Endlosspule) von der Decke auf den Fußboden projiziert. Das Geräusch des Wassers wird durch Verstärker wiedergegeben. Die kontinuierliche Bewegung ‚saugt’ den Besucher auf, er scheint keinen festen Boden mehr unter den Füßen zu haben, er wird mitgerissen.“

Kein Zweifel: „Das ist meine Idee!“

Und was konnte man in Melbourne sehen? Einen verdunkelten Raum, auf den Boden projizierte Wasserwirbel und Personen, die sich darüber hinweg etwas unsicher bewegen (siehe hier). Sicher, die digitale Technik ersetzt 40 Jahre später den 16-mm-Film, aus dem einen Wirbel ist gleichsam ein ganzer Ozean von Wirbeln geworden und es bewegen sich mehrere Personen gleichzeitig im Raum. Doch für den in Mailand lebenden Helmut Schober gibt es kein Zweifel: „Das ist meine Idee!“

copyright Schober

Das Recht auf Ideen im Blick – Helmut Schober

In seinen Werken hat sich der 71jährigen immer wieder mit dem Vortex und seiner Sogwirkung auseinander gesetzt. Man findet dieses Interesse auch in Licht durchwirbelten malerischen Arbeiten. Aber es ist ganz besonders die „mythologische und psychoanalytische Bedeutung“ des Wasserstrudels, die ihm für „Leben, Schicksal, Angst“ steht.

Recht muss Recht bleiben

Sein „Projekt Wasserwirbel“ wurde mehrfach dokumentiert: in Ausstellungskatalogen und Buchausgaben wie in der Schober-Monografie die 1993 im Prestel Verlag erschien. Mag sein, so der Künstler im Gespräch mit dem ID Kunst, dass die Japaner wirklich nichts von seinem Vortex-Projekt gewusst haben, obschon die Ähnlichkeiten „frappierend“ seien. „Doch die Ideen und Motivationen eines Künstlers für ein Projekt müssen international geschützt werden.“ Und: „Die Royalities sind in meinem Besitz.“ Es ist also auch eine Frage des Urheberrechts: „Die Welt ist, wie wir wissen, nicht gerecht, aber Recht muss Recht bleiben.“

TeamLab ist eine zwischen Design und Kunst angesiedelte interdisziplinäre Gruppe von Technikbegeisterten, die Inoko Toshiyuki 2001 in Tokio gegründet hatte. Das Kollektiv ist diesen Sommer in Paris (Grande Halle de La Vilette bis 9.9.) mit einer neuen Arbeit vertreten. Die Zeitschrift ArtLight widmet den Japanern einen großes Interview in der jetzt erscheinenden Mai-Ausgabe.

Der Rechtsanwalt von Helmut Schober hat inzwischen TeamLab aufgefordert, Stellung zu beziehen. Eine Klage möchte der Mailänder nicht ausschließen. Mit seinem Protest, so erläutert er, möchte er vor allem „das Recht auf Ideen jedes Künstlers gewahrt wissen.“

Ein ähnlicher Text ist im Informationsdienst Kunst Nr. 652 (17.5.2018) erschienen