Taranto, Ende Juli 2016 – Am Abend leuchtet die Stadt auf, die dem prächtigen Golf am ionischen Meer seinen Namen gegeben hat. Doch die Wasser sind verschmutzt, die Luft auch. In Vierteln, die an das Stahlwerk Ilva grenzen, das Taranto in den vergangenen Jahrzehnten mit giftigen Dämpfen überzogen hat, haben Krebskrankheiten dramatisch zugenommen. Seit Jahren tobt ein Kampf zwischen Justiz, den Eigentümern und der Politik. Das Recht auf Gesundheit gegen das Recht auf Arbeit und umgekehrt. Die im Zweiten Weltkrieg schwer getroffene Stadt selbst zeigt sich kämpferisch und gibt sich in den Bars und Restaurants längs der verkehrsberuhigten Via D’Aquino, die wie eine Rambla den Borgo Nuovo durchzieht, zugleich voller Lebenslust. 200 Tausend Menschen leben hier, die die Kraft der Geschichte in ihren Rücken spüren können. Taranto wurde im 8. Jahrhundert vor Christus von Spartanern gegründet, in der Antike hatte es zeitweise über 300 Tausend Einwohner. Das in 25 Sälen neu strukturierte und gerade wiedereröffnete Museo Archeologico Taranto (MarTa) gehört zu den schönsten Orten, in denen man die Geschichte der Magna Grecia vermittelt bekommt. Man wünschte sich nur mehr Aufmerksamkeit (und Investitionen) für den total heruntergekommene Borgo Vecchio, der doch so einladend auf einer Insel im Herzen von Taranto liegt. Zusammen mit einer mächtigen Festungsanlage trennt die Insel das Meer von zwei „inneren“ Buchten (Mar Grande und Mar Piccolo), an die sich die Stadt schmiegt. Wenn aber die Neustadt aufleuchtet, legen sich über den Borgo Vecchio dunkle Schatten.