Chipperfield zieht Autorschaft am neuen Museum zurück


Dicke Luft in Mailand. Am 27. März wurde der Neubau eines „Museums der Kulturen“, den David Chipperfield projektiert hat, mit einer Ausstellung über Kunst und Kultur Afrikas vom Mittelalter bis heute eröffnet. Doch fand die Feier ohne den Architekten statt, der im Streit mit der Stadt als Auftraggeber sogar die Autorenschaft zurück gezogen hatte. Anlass war die schlampige Verlegung des Steinfußbodens auf einer Fläche von 5000 Quadratmetern. Die Mailänder Stadtverwaltung wollte den Bau (Kosten 60 Millionen Euro), dessen Fertigstellung sich bereits 15 quälend lange Jahre hingezogen hatte, unbedingt noch im Vorfeld der Weltausstellung (1.Mai – 31.Oktober) eröffnen, nachdem frühere Termine nicht eingehalten werden konnten.

 

Um Geld zu sparen wurde der Fußbodenbelag außerdem entgegen der Planung des Architekten geändert. Statt eines teueren Basalt aus dem Veneto begnügte man sich mit billigerem Lavastein vom Ätna. Und der wurde dann noch ruck zuck ohne ästhetische Abgleichung der verschieden getönten Platten verlegt, dass auf dem Boden ein wildes Flickenmuster entstanden ist. Für die Stadt ein zu vernachlässigendes Problem, das könne man doch im Herbst regeln. Für den Stararchitekten, den Vater des Neuen Museums Berlin, der kürzlich mit dem Umbau des New Yorker Metropolitan Museum beauftragt wurde, eine ästhetische Ohrfeige. Schließlich fußt das Lichtkonzept des Gebäudes innerhalb einer aufgelassenen Industrieanlage auf dem Hell-Dunkel-Kontrast. Er bot an, die Schaden in eigener Regie zu beheben. Doch die Stadt, die eine erneute Verschiebung der Eröffnung befürchtete, lehnte ab und beklagte außerdem, die „unverständliche Sturheit“ Chipperfields. Der wollte daraufhin mit der „Pfuscharbeit, die sogar meiner Mutter aufgefallen wäre“ nichts mehr zu tun haben. Ein „Fußbodenkrieg“ sei ausgebrochen, kommentierte sogar die Fachpresse nicht ohne Belustigung. Nachdenkliche Stimmen wie die das Architekturkritikers Fulvio Ierace, der am Mailänder Polytechnikum unterrichtet, kritisieren die „Unsensibilität“ der Stadtverwaltung. Wenn Ästhetik Nebensache sei, warum bemühe man dann überhaupt Architekten? Auf der andere Seite setzt Ierace auf einen Ausgleich im Herbst mit einem neu verlegten Fußboden. Schließlich sei der Bau von Chipperfield, der von einem überdachten Zentralkörper mit einer atemberaubend gewellten Innenfassade aus Stahl und mattiertem Glas ausgeht, viel zu schön, um nicht ein Bau von Chipperfield zu sein.