Eine Installation des Designers Gaetano Pesce („Maestà sofferente“) wird von italienischen Feministinnen als frauenfeindlich kritisiert
Mailand/Ferrara – Die Formung ist weiblich rund, weich und hat etwas Beschützendes. Doch sie ist verletzt durch Hunderte von Feilen, die in ihr stecken. Die überdimensionale, acht Meter hohe Installation von Gaetano Pesce trägt den Namen „Maestà sofferente“ – die „leidende Majestät“, oder die „leidende Würde“. Zur Installation von Pesce gehören eine ebenso überdimensionale Kugel, die an den zentralen Körper durch eine Schnur gekettet ist, sowie Skulpturen wilder Tiere, die die „Maestà“ belagern. Vor wenigen Jahren hatte der heute 82jährige Künstler und Designer sie zum ersten auf dem Mailänder Domplatz präsentiert. Gegenwärtig prägt sie den Eingang zum Messegelände in Ferrara, wo sie nach einer Initiative von Vittorio Sgarbi, dem streitbaren Kunstkritiker und Präsidenten der Vereinigung „Ferrara Arte“, am 8. März zum Weltfrauentag aufgestellt wurde (hier ein Video).
Wie einst in Mailand hat sie jetzt in Ferrara den Widerspruch von Frauenorganisationen provoziert. Die Skulptur verdingliche das, was sie zu kritisieren vorgebe. Der Frauenkörper werde deformiert einem Spaß und Spiel suchenden Publikum präsentiert. Eine stereotype und längst überholte Vision, die hinter den kulturellen Veränderungen der Gesellschaft zurückfalle. Das alte Bild: die Frau als passives Objekt und nicht als aktives Subjekt. So einige der Kritikpunkte. Die in der Aussage mündeten: „Die Frau ist kein Möbelstück“.
In der Tat greift Gaetano Pesce mit seiner Installation auf den Sessel „Up“ zurück, den er 1969 für B&B Italia entworfen hatte, ein Kultgegenstand, der in keiner Ausstellung zum italienischen Design fehlen darf und noch heute ab rund 3.500 Euro zu erwerben ist. Aber was war, was ist das für ein Sessel? „Ich war 28 Jahre alt, als ich meinen Gedanken über die Rolle der Frau in einem Sessel-Objekt Form gab“, schreibt der Designer in einem Beitrag für die römische La Repubblica unter der Überschrift „Meine Hymne an das weibliche Universum“. Er wollte von einem weltweiten Problem in Form eines nützlichen Gegenstandes reden: der Körper der Frau angekettet an eine Kugel – das Bild einer Gefangenen, die ihrer Freiheit beraubt und in ihrer Existenz bedroht sei.
Pesce ist überzeugt, dass die globalen Krisen durch der „Ermattung“ der Männer bedingt seien und nur durch Frauen überwunden werden können. Doch werde die Frau weiterhin unterdrückt und bedroht – auch in Italien, wie die hohe Zahl der Femizide zeigen. Seinen Kritikerinnen und Kritikern der „Maestà“ antwortet er: „Es kommt darauf an, darüber zu reden. Nicht nur um mich zu kritisieren, sondern anlässlich dieser enormen, weltweiten Schande auf jedmögliche Art zu handeln.“ Typische Ausflüchte eines alten Mannes? Sicher: Künstler und Designer können die Welt nicht verändern, aber sie halten ihr wie Gaetano Pesce mit Gegenständen im wahrsten Sinne des Wortes objektiv einen Spiegel vor, was subjektive, gendergerecht gefärbte Kritik in Empörung leicht übersieht.
Ein ähnlicher Text ist im Informationsdienst Kunst (Lindinger-Schmid, Berlin) erschienen