Fermignano/Urbino im Juni 2016– Kurvenreich erreicht man von Urbino aus die antike Römerstraße Flaminia. Das war für fast 2000 Jahre die wichtigste Verkehrsverbindung von Rom über den Apennin Umbriens und der Marken zur oberen Adria bis nach Rimini. Ein Pilger- und Handelsweg, der gelegentlich auch militärische Bedeutung erlangte. Heute führt die Via Flaminia auf den Gebirgsstrecken in Naturschutzgebiete wie etwa das der Gola del Furlo unweit von Fermignano. Eine Paralleltrasse nimmt inzwischen den modernen Verkehr auf. Der alte Weg verläuft entlang des Candigliano, eines Zuflusses des Metauros, durch eine enge, atemberaubende Schlucht zwischen dem Monte Pietralata (889 Meter hoch) und dem Monte Paganuccio (976 Meter).Unter Kaiser Vespasian entstand um 77 n.Chr. an der engsten Stelle ein Tunnel (38 Meter lang, 5 Meter breit, 6 Meter hoch) anstelle eines schmalen Durchbruchs aus der Zeit der Etrusker. Wie es heißt, machte Mussolini hier auf dem Weg von Rom in seine Heimatregion Romagna öfters halt. In der Trattoria vor dem Tunnel soll er das eine oder andere Schäferstündchen verbracht haben. Anhänger meißelten sein Profil in die Kuppe des Monte Pietralata. Partisanen zerstörten es wieder. Heute kreist ein Adlerpaar, das hier nistet, über der Schlucht. Nur Glückliche bekommen es zu Gesicht. Der Normalbesucher muss sich meist mit Bergschwalben, Mauerläufern oder Alpenkrähen begnügen. Es sei denn, er nimmt an einer Führung teil Der Weg durch den Tunnel zu dem dahinter liegenden Stauwerk des Flusses war lange gesperrt. Seit Ende April ist er wieder geöffnet. Zwar bleibt der Autoverkehr ausgeschlossen, doch Fußgänger haben es nicht leicht. Radrennamateure, die gerne in Rudeln auftreten, machen ihnen das Leben schwer. Schlimmer sind noch die Motorräder, die eigentlich in einem Naturschutzgebiet nichts zu suchen haben. Doch es geht liberal zu in Italien. Wer weiß, wie nervend Fußgänger für Motorradfahrer sein können, die endlich mal durch einen antiken Tunnel brausen wollen? Wölfe, die es hier auch geben soll, lassen sich da lieber gar nicht sehen.