Italien erhält aus EU-Töpfen fast 6 Milliarden Euro für die Kultur
Mailand – Am EU-Aufbaufonds zur Wirtschaftshilfe in Pandemiezeiten partizipiert Italien mehr als jedes andere Land der Union: 191,5 Milliarden Euro plus eine Zusatzrate von 30 Milliarden, also insgesamt 221,5 Milliarden Euro sollen den kränkelnden Staat am Mittelmeer wieder auf die Beine bringen. Dabei spielen Kultur und Kulturtourismus im Land, wo die Zitronen blühen, keine geringe Rolle. Und so fließen auch Gelder in einen nationalen “Recovery Plan per la cultura”, einen Kulturaufbauplan, den das Kulturministerium federführend ausgearbeitet hat. 4,27 Milliarden Euro plus in einem zweiten Moment weitere 1,46 Milliarden sollen Aktivitäten auf vier Feldern fördern.
Mit dem größten Anteil (2,72 Milliarden Euro) möchte man kleine Ortskerne wiederbeleben und das kulturelle Erbe des ländlichen Raumes unterstützen. Dazu gehören außerdem Maßnahmen zur Erdbebensicherung. Rund 1,46 Milliarden Euro sind zweitens für Projekte „großer kultureller Attraktionen“ vorgesehen. Darunter fallen die Entwicklung und Erweiterung der Biennale Venedig, die touristische Nutzung des alten Hafen von Triest, der Bau einer europäischen Bibliothek für Information und Kultur in Mailand, die Qualifizierung der römischen Campagna, ein Mittelmeermuseum in Reggio Calabria oder der Umbau der ehemaligen Tabakmanufaktur von Palermo in ein Kulturzentrum. Drittens geht es um einen Plan für „Kultur und zukünftige Generation“ (1,1 Milliarden) mit dem Ausbau digitaler Strukturen im Kultursektor, den Abbau „physischer und kognitiver Schwellen“ bei der Nutzung von Archiven und Bibliotheken und einer modernen und nachhaltigen Energieversorgung von Museen, Kinos und Theatern. Viertens soll die „Kulturindustrie 4.0“ gefördert und Gelder etwa für die römischen Studios Cinecittà und die Filmhochschule bereitgestellt werden. (Hier zur Liste des Kulturministeriums)
Prinzip Gießkanne?
„Die Kultur führt den Neustart des Landes an“, jubelt Kulturminister Dario Franceschini. Sicher, fast sechs Milliarden Euro für den Sektor sind ein schöner Batzen Geld. Auf die Gesamtsumme umgerechnet sind es zwar nur rund drei Prozent des EU-Aufbaufonds – aber für ein Land wie Italien, das die Kultur sonst mit weniger als ein Prozent der öffentlichem Haushalte fördert, ist das ein Fortschritt. Dennoch mag man in den vier Förderfeldern keinen richtigen Plan zur Entwicklung des Landes erkennen, vorherrschend bleibt das Prinzip „Gießkanne“.