Alexander Pereira verlässt die Mailänder Scala und wird Intendant des Maggio Musicale von Florenz
Mailand – Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen. Als Intendant Alexander Pereira nach dem etwas verunglückten Versuch, mit Geldern aus Saudi Arabien die Kassen der Scala aufzubessern, im Frühjahr in Verhandlungen um Verlängerung seines Vertrages am Mailänder Opernhaus ging, hätten sie den Österreicher beinahe vom Hof gejagt. Der Vertrag wäre im Februar 2020 ausgelaufen, aber mehr als eine Verlängerung um ein Jahr war nicht drin. Wobei er die Leitung im letzten Jahr bereits mit seinem Nachfolger, dem Franzosen Dominique Meyer, hätte teilen sollte. Der wird von der Staatsoper Wien an das Teatro alla Scala wechseln. Alexander Pereira wäre gern noch mindestens zwei volle Jahre allein in Amt und Würden in Mailand bis 2022 geblieben, wenn ebenso der Vertrag mit Riccardo Chailly als musikalischer Leiter der Scala auslaufen wird. Doch es blieb nur der Abschied gleichsam auf Raten.
Die Krise am Maggio Musicale, der ehrwürdigen Florentiner Operneinrichtung (Festival plus Operspielzeit), kam ihm jetzt gerade recht. Intendant Cristiano Chiarot hatte seinen Rücktritt eingereicht, um gegen die Berufung eines hohen Beamten des römischen Kulturministeriums an die Spitze des Verwaltungsrates des Maggio Musicale zu protestieren, der zudem die Rolle des künstlerischen Leiters übernehmen sollte. Daraufhin kündigte auch Chefdirigent Fabio Luisi an, Florenz verlassen zu wollen. Mitte August traf sich nun der Bürgermeister der Regionalhauptstadt der Toskana mit Pereira und bot ihm für fünf Jahre den Chefposten am Maggio Musicale an. Und man wurde sich schnell einig. Nach der Eröffnungspremiere der Scala-Spielzeit am 7. Dezember mit Puccinis Tosca (Dirigent Riccardo Chailly, Regie Davide Livermore, mit u.a. Anna Netrebko und Luca Salsi) wird Alexander Pereira seine Koffer packen und nach Florenz ziehen.
Eine Art Rückkehr nach Hause
Der langjährige Züricher Intendant (1991-2012) und ehemalige Leiter der Salzburger Festspiele (2012-2014) wird in Florenz mit offenen Armen empfangen werden. Ihm eilt der auch in Mailand bestätigte Ruf voraus, Finanzmittel im großen Stil für seine Theater einzuloben. Für die klammen Kassen der Florentiner Oper wäre das wie Manna. Und der 83jährige Zubin Mehta, Ehrendirigent des Maggio Musicale auf Lebenszeit, zeigt sich enthusiastisch über die Berufung seines 71jährigen Freundes Pereira. Die muss allerdings noch vom Verwaltungsrat bestätigt und vom Kulturministerium genehmigt werden – beides gilt jedoch als Formsache. Der scheidende Intendant der Scala zeigt sich rundum zufrieden. In Florenz leben eine Schwester und deren Enkelkinder, es sei, so ließ er dem Corriere della Sera wissen, eine Art Rückkehr nach Hause.
In Mailand nimmt man der Vorgang eher gelassen hin. Die Gewerkschaften äußerten ihr Bedauern über den schnellen Rückzug des scheidenden Intendanten, mit dem man gut ausgekommen sei und der das Haus finanziell geordnet habe. Jetzt trafen sich Bürgermeister Sala, Pereira und Meyer, um die Übergabe zu verabreden. Möglich, dass Dominique Meyer aus Wien bereits zu Jahresbeginn nach Mailand kommen wird, offiziell gilt aber der 1. März als Antrittsdatum. Von Mitte Dezember bis März würde dann die Generaldirektorin der Scala Maria di Freda das Haus leiten. Auf der Bühne ist zurzeit Rigoletto mit Altstar Leo Nucci zu sehen – eine Inszenierung der Accademia der Scala unter Leitung von Daniel Oren.
Die Tosca und dann Schluss: Alexander Pereira hat sich jedenfalls einen starken Abgang aus Mailand verschafft – einen Abschied auf Raten hätten man sich mit ihm sowie nicht vorstellen können.
Ein ähnlicher Beitrag ist auf NZZ-online am 30.8. erschienen