Vor dem G20 Gipfel in Italien und der COP26 in Schottland eine Tagung der Stiftungsplattform F20 in Mailand. Ein Gespräch mit Stefan Schurig, Secretary General Foundations Platform F20, über die Ziele der F20 und die Rolle der Stiftungen in den G20 Staaten
Mailand: Ende September 2021 kam die internationale Stiftungsplattform F20 mit einem „Climate Solutions Forum“ nach Mailand, um im Vorfeld des G20-Gipfels in Italien aktuelle Probleme zu diskutieren und Leitgedanken zu formulieren. Die Plattform F20 wurde 2017 in Hamburg vor dem G20 Gipfel in Deutschland ins Leben gerufen. Als Mitinitiatorin der Stiftungsplattform F20 setzt sich die deutsche Stiftung Zukunfsfähigkeit mit Sitz in Bonn für gemeinsame Wege ein, um ermutigende und nachhaltige Transformationsprozesse einzuleiten.
Fragen an Stefan Schurig, Secretary General Foundations Platform F20:
Wer findet sich in der Stiftungsplattform F20 mit welchen Zielen zusammen?
Stefan Schurig: „Die Foundations Platform F20 ist ein internationales Bündnis von rund 70 Stiftungen aus allen G20-Ländern mit bislang Ausnahme Koreas. Die Stiftungen richten sich unabhängig vom jeweils eigenen Handeln mit Empfehlungen und Forderungen an die G20 Staaten. Zentraler Punkt ist die Forderung, die Politik der G20-Staaten in Einklang mit den Pariser Klimaschutzzielen zu bringen. Die internationalen Stiftungen unterstreichen die Dringlichkeit zum Handeln angesichts der dramatischen Entwicklung der Klimakrise, nehmen eine klare Haltung ein, oder wie man im Englischen sagt ‚we are taking a stand.’“
Welche Rolle können Stiftungen bei diesem Prozess spielen?
„Man kann ja herunterbrechen, wie viel Karbon-Budget wir noch haben, um nicht über die 1,5 Grand durchschnittliche globale Erwärmung zu kommen. Und dabei können Stiftungen unterschiedlich mitwirken. Große Stiftungen bewegen teilweise mehrere Milliarden Dollar oder Euro, die liegen ja nicht auf dem Girokonto, die werden investiert. Sie sind also als asset owner an den Finanzmärkten durchaus relevant, wenn sie Gelder aus Fonds zurückziehen, die noch auf fossile Rohstoffe setzen. Und geben damit anderen ein Beispiel, es ihnen gleich zu machen. Aber ebenso wichtig ist ihr gesellschaftliches, politisches Gewicht. Und das nutzen sie, um den G20 Staaten eindringlich zu empfehlen, ihre Regierungspolitik am 1,5-Grad-Ziel auszurichten. Das ist das Entscheidende.“
Die F20 sind dabei nicht allein, was unterscheidet sie von anderen Gruppen?
„Die G20 Staaten sind ja als informeller Zusammenschluss während der Finanzkrise 1999 gegründet worden, um nach gemeinschaftlichen Lösungen zu suchen. Andere Themen sind dazu gekommen. Als wirtschaftlich stärkste Regionen produzieren wir in den 20 Ländern 80 Prozent der Treibhausgase auf der Welt. Heute stehen Fragen, wie sie von den UN-Nachhaltigkeitszielen formuliert werden, im Vordergrund. Es gibt also im Rahmen der G20 unterschiedliche Engagement groups, soziale Akteure, die unter der jeweiligen G20-Präsidentschaft verschiedene Themen aufgreifen. Es gibt die B20 für Business, die C20 mit den NGOs, die Woman20, die Urban20 und weitere. Also Engagement groups, die sich für jeden G20 Gipfel neu bilden. Das Besondere an der F20, die wir mit der Stiftungsplattform aufgebaut haben, zeigt sich darin, dass wir über die Jahre kontinuierlich und unabhängig von der jeweiligen G20-Präsidentschaft auftreten. Auch um die anderen Engagement groups zu unterstützen.“
Worum ging es konkret beim Treffen in Mailand?
„Hier in Mailand haben wir uns auf drei verschiedene Themen im Zusammengang mit der G20-Präsidentschaft Italiens konzentriert. Einmal die sustainable finance, also die nachhaltigen Finanzmechanismen. Wir haben richtig in den Maschinenraum geblickt, welche Instrumente es gibt, um die Finanzflüsse in Richtung erneuerbare Energien zu lenken. Das zweite Thema war die Interdisziplinarität, dabei ging es darum, die Zusammenhänge zwischen Fragen der Biodiversität, dem Klimaschutz, den globalen Ernährungsfragen und der Gesundheit zu vertiefen. Fragen, die eng miteinander zusammenhängen, was auch die Pandemie gezeigt hat. Und das dritte große Thema war, dass jedes globalpolitische Forum nur so gut ist, wie es am Ende zu Lösungen auf lokaler Ebene führt. Ein Oberthema, das wir unter dem Motto ‚global denken, lokal handeln’ schon seit vielen Jahren kennen, das haben wir versucht, hier zu aktualisieren. Welche umsetzungsfähige Lösungen liegen im Bereich der Stadtentwicklung vor? Welche Gesetze benötigen wir, welche Mittel müssen in eine nachhaltige Richtung geschoben werden? Unter den Stiftungen, besonders in Italien und Deutschland, die sich als Bürgerstiftungen, als Community foundations, um die eigene Region kümmern, war und ist das ein großes Thema.“
F20 RECOMMENDATIONS UND DIE ROLLE DER STÄDTE
Auf dem Mailänder Climate Solutions Forum hat sich die Foundations Platform F20 für eine Verzahnung der informellen staatlichen Zusammenschlüsse G7 und G20 ausgesprochen. Herausforderungen wie Ungleichheit, Gesundheit, wirtschaftliche Rezession, Ernährungssicherheit, Klimakrise oder Biodiversitätskrise seien eng miteinander verbunden und müssten deshalb mit einem „systemischen, kollaborativen und zukunftsorientierten Ansatz“ angegangen werde. Benötigt würden „integrierte Lösungen“.
Zu den konkreten Empfehlungen des F20 Forums 2021 gehören unter anderem:
– Bekämpfung der globalen Covid-19-Krise und ihre sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDG) und dem Pariser Klimaabkommen
– Verpflichtung zum „Net-Zero“ Emissionsziel und einem Ausstiegsfahrplan aus der Förderung fossiler Brennstoffe
– Gewährleistung der Prinzipien der „Just Transition“ und konkrete Zwischenschritte für einen gerechten Übergang zur grünen Wirtschaft bis 2030
– Bereitschaft zu Schuldenerlassen, einschließlich Schuldenmoratorien für hoch verschuldete Länder
– Dekarbonisierung des Finanzsektors
Zu den Themen, die auf dem F20-Forum eine wichtige Rolle gespielt haben, gehörte auch die Rolle der Städte und die Umsetzung konkreter Projekte vor Ort. Bei einer Diskussionsrunde des Forums zusammen mit dem Landschaftsarchitekten Andreas Kipar ging es darum, „dass sich die Städte verändern, weil sich die Menschen verändern.“ Denn, so Kipar, „sie wollen mehr grün, weil sie sich als Teil der Natur verstehen.“