GEGEN DEN STRICH GEBÜRSTET


Italienische Weihnachten – eine Anthologie herausgegeben von Klaus Wagenbach

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Weihnachten am alten Mailänder Hafen

Mailand – Weihnachten in Italien? Da geht es um die Frage, ob die Heiligen drei Könige mit einem Raumschiff unterwegs waren oder nicht. Da spielt ein Landstreicher zur Mitternachtsmesse auf der Orgel. Ein von der Welt enttäuschter Gott meint, die Menschen sollten sich zum Teufel scheren und mit dem Paradies sei es sowieso vorbei. Das sind ziemlich schräge Weihnachten, die Klaus Wagenbach uns mit seiner Anthologie präsentiert, in der er Heilig Abend gegen den Strich bürstet.

Italo Calvino erzählt von Marcovaldo, der als Weihnachtsmann verkleidet Firmengeschenke austragen muss. Luigi Malerba macht aus Maria und Joseph Normalbürger von heute – und das Jesuskind zum Mädchen. Bei manchen Texten geht es wohl eher um den Namen des Autors ( Luciano De Crescenzo) als um eine überzeugende Pointe.

Mit Herzenswärme zum volkstümlichen Italien

Andere Geschichten führen weit über Weihnachten hinaus in den Winter und zu wenig festlichen Umständen. Natalia Ginzburg beschreibt liebevoll die Bewohner eines Dorfes in den Abruzzen, in das ihr Mann Leone Ginzburg von der faschistischen Justiz verbannt wurde. Und wenn Leonardo Sciascia oder Gianni Celati zu Wort kommen, möchte man viel mehr von ihnen lesen. Ist es nicht das, was eine Anthologie leisten sollte?

Klaus Wagenbach hat mit Herzenswärme zum volkstümlichen Italien und zugleich mit erfrischender Distanz zum Sentimentalen ein kleines Lesebuch zusammen gestellt, das man nicht nur zur Weihnachtszeit in die Hand nehmen kann.

Italienische Weihnachten. Die schönsten Geschichten, gesammelt von Klaus Wagenbach. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2016. 140 Seiten, 17 Euro9783803113221