im Kino: Nome di donna


Regisseur Marco Tullio Giordana erzählt, wie sich eine junge Frau in der norditalienischen Provinz gegen sexuelle Belästigung wehrt.

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Überzeugend im Kampf um Selbstachtung und Recht – Cristiana Capotondi als Nina

Mailand (Cinema Arcobaleno) – Nina, eine junge alleinerziehende Mutter, verliert in Mailand ihren Job als Restauratorin. Sie findet Arbeit im ländlichen Raum bei dem Institut Baratta, einem von der Kirche abhängigen luxuriösen Pflegeheim für ältere Menschen. Eine Aufgabe, die ihr Spaß macht und ihr Unabhängigkeit auch in ihrer Beziehung zu ihrem Freund sichert, der in Mailand in einem Architekturbüro arbeitet. Doch ruft der Direktor des Instituts sie eines Abends nach Dienstschluss in sein Büro und bedrängt sie sexuell. Wie er es auch mit anderen Mitarbeiterinnen des Baratta gemacht hat.

Während die anderen Frauen bei einer Mischung von Angst und Scham schweigen, zeigt Ina (Cristiana Capotondi) den Direktor (Marco Maria Torri) an. Der weiß sich mit Unterstützung der Kirchenhierarchie juristisch zu wehren. Das Verfahren wird eingestellt, Nina von ihren Kolleginnen geschnitten und (vorerst) entlassen. Es kommt sogar zu einer Klage gegen sie wegen übler Nachrede.

Der Film, der das lange unterdrückte Problem der sexuellen Belästigung im Alltag thematisiert, wurde vor der Weinstein-Debatte gedreht. Die Erzählung von Regisseur Marco Tullio Giordana und der Drehbuchautorin Cristiana Mainardi ist besonders eindrücklich, weil sie unter der offen kriminellen Ebene der Vergewaltigung bleibt. Ihnen geht es um die Schilderung eines Mannes, der seine Führungsposition wie selbstverständlich ausnutzt. Aber auch um die Omertà der betroffenen Frauen. Und schließlich um das Wegducken von kirchlichen Mitarbeitern.

Das Schweigen brechen

Der Mailänder Regisseur war mit früheren Arbeiten wie Cento Passi („Hundert Schritte“) oder La Meglio Gioventù („Die besten Jahre“) in Venedig und Cannes ausgezeichnet worden. Sein Film Nome di Donna („Frauenname“) – der Titel bezieht sich auf eine anonyme Akte einer Gewerkschaftsinitiative – überzeugt besonders im ersten Teil. Der zweite Teil, der den Kampf von Ina um Ihre Selbstachtung, ihr Recht und zugleich um eine Bewusstwerdung der Öffentlichkeit schildert, ist von vielen „erklärenden“ Dialogen geprägt. Hier greift der Regisseur auf eine eher journalistische TV-Ästhetik zurück.

Doch bleibt Nome di donna, der zu der inzwischen gar nicht mehr so neuen realistischen Welle des italienischen Kinos gehört, ein sehenswerter und wichtiger Film. Er kommt zur rechten Zeit und unterstützt die nach dem Vorbild von MeToo von den Schauspielerinnen Jasmine Trinca und Alba Rohrwacher ins Leben gerufene Initiative Dissenso comune („Gemeinsamer Widerspruch“). In einem von vielen Mitarbeiterinnen aus Theater-, Kino- und TV-Betrieb unterzeichneten Brief – hier ein Interview dazu in la Repubblica vom 2.2.2018 – werden Frauen aufgefordert, das Schweigen zu brechen.

Nome di donna. Regie: Marco Tullio Giordana. Buch: Cristiana Mainardi, Marco Tullio Giordana. Mit u.a.: Cristiana Capotondi, Marco Maria Torri, Bebo Storti, Adriana Asti, Renato Sarti. Produktion/Verleih: Videa. 98 Minuten. Italien 1918

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