Calasetta Ende Juni – Weiß leuchten die Häuser von Calasetta am äußersten nördlichen Rand der Halbinsel Sant’Antioco. Pünktlich legt das Fährschiff aus Carloforte von der kleinen gegenüberliegenden Insel San Pietro an. Die beiden Ortschaften tragen zur Vielfalt der auf Sardinien gesprochenen Sprachen bei. Hier wird ein ligurischer Dialekt („Tabarchino“) gesprochen. Einwohner aus Pegli (Genua) waren im 16. Jahrhundert als Korallenfischer auf die Insel Tabarca vor Tunesien ausgewandert. Nach wirtschaftlichen Problemen und Auseinandersetzungen mit den nordafrikanischen Anwohnern, erhielten sie 1738 vom Savoyerkönig Carlo Emanuele III. die Erlaubnis, sich in diesem verlassen Teil von Sardinien anzusiedeln. Aus den beiden kleinen Fischerdörfern hat sich heute ein im Sommer lebhaftes touristisches Zentrum entwickelt, das durch regelmäßigen Fährbetrieb verbunden ist.
Die Inseln San Pietro und Sant’Antioco gehören zur Landschaft des Sulcis im Südosten Sardiniens und sind damit Teil der (provisorischen) Provinz Südsardinien. In den 1930er und 1940er Jahren blühte hier mit Bergbau (Carbonia) und Zink- und Bleiproduktion (Portovesme/Portoscuso) die Industrie auf. Carlo Levi schrieb: „Es ist das andere Sardinien, das nichts von Hirten und Nuraghen weiß.“ Heute nach dem Niedergang des Kohlebergbaus gehört die Provinz zu den ärmsten Italiens. Das Zentrum von Carbonia, dem Hauptort der Provinz, macht dennoch einen aufgeräumten Eindruck. Als Modellstadt vom Reißbrett (mit teils faschistischer Rhetorik) ist ein Ort entstanden, in der moderne Architektur sich großzügig in Landschaft und Natur einbettet. Carbonia hat sich trotz sozialer und ökonomischer Probleme eine heitere Note und hier und da den Charakter einer Gartenstadt bewahrt. Gerade war eine Delegation der deutschen Partnerstadt Oberhausen zu Besuch. Lohnend ist die Besichtigung des Bergbaumuseums Serbarìu.
Ausflüge laden auch ins Iglesiente zu alten Bergbauwerken. Einen phantastischen Blick auf das Meer, die Felsenlandschaft um den Pan de Zucchero und die Ruine einer Zinkmine hat man vom hochgelegenen, ehemaligen Bergarbeiterdorf Nebida, das zum Weltkulturerbe gehört. Natur formt hier einen Schrein, der die Erinnerung an Kultur wach hält.