im Theater: Lo Strano Caso del Cane Ucciso a Mezzanotte


Mit Simon Stephens Erfolgsstück am Teatro Elfo Puccini ins neue Jahr

© Laila Pozzo/Elfo Puccini

Berührungsängste – Daniele Fedeli als Christopher und Alice Redini als Judy

Mailand (Teatro Elfo Puccini bis 13.1.) – Die Geschichte von Christopher Boone handelt von einem verhaltensgestörten aber mathematisch hochbegabten Jugendlichen, der in einer englischen Kleinstadt allein mit seinem Vater lebt. Christopher möchte den gewaltsamen Tod eines Hundes in seiner Nachbarschaft aufklären und löst dabei das Rätsel um seine verschwundene Mutter. Mark Haddon erzählt die ernste Geschichte mit leichter Hand in seinem Erfolgsroman The Curious incident of the Dog in the Night-Time (2003). Der auch in Deutschland vielgespielte Simon Stephens hat daraus ein Bühnenstück gemacht (2012), das zunächst in London und dann in New York das Publikum begeisterte. Ferdinando Bruni und Elio De Capitani haben es jetzt im Teatro Elfo Puccini für das italienische Publikum bearbeitet herausgebracht – eine Inszenierung, die seit der Premiere am 5. Dezember für ausverkaufte Vorstellungen sorgt.

Christopher leidet am Asperger-Syndrom, eine Variante des Autismus. Er verträgt nicht die Nähe anderer Personen, reagiert gewalttätig, wenn man ihn berührt. Als begeisterter Leser von Sherlock Holmes Geschichten geht er mit Kombinationsgabe daran, den Tod des Hundes einer Nachbarin aufzuklären. Und entdeckt dabei, dass ihm sein Vater Briefe der Mutter unterschlagen hat, die seit Jahren in London mit dem Ehemann der Nachbarin zusammen lebt, ihm gegenüber aber für tot erklärt worden war. Christopher überwindet seine Menschenschau, reist nach London und findet seine Mutter.

Eine Inszenierung mit Rhythmus

Das Stück von Stephens vermeidet es nach dem Vorbild des Romans, aus der Handlung ein Sozialdrama machen, obgleich es die Problematiken nicht unterdrückt. Mit bewundernswerten Leichtigkeit zeichnet es die Realität aus der Sicht Christophers als eine irreale, verrückte Welt. Die rhythmisch getragene Inszenierung des Teatro Elfo nimmt diesen Ansatz überzeugend auf. Bis auf Christopher – großartig interpretiert von dem 24jährigen Daniele Fedeli – repräsentiert eine Art Chor die Gesellschaft, aus dem sich von Zeit zu Zeit einzelne Rollen lösen und dann wieder in ihm aufgehen.

© Laila Pozz/Elfo Puccini

Räume mit Phantasie füllen – Elena Russo Arman und Daniele Fedeli

An den Seiten und an der Rückwand geben Videoinstallationen nach Zeichnungen von Ferdinando Bruni der Handlung in einem (sonst kargen) Bühnenraum Halt. Ein Raum. den die Zuschauer mit ihrer Phantasie füllen und sich so in die Welt Christophers einfühlen können. So wird auch das mitreißend revueartig vorgetragene Happy End nicht zum „Alles wird gut“. Sondern öffnet Teilhabe am Glücksgefühl, wenn es gelingt, Schwierigkeiten zu überwinden, ohne sie zu negieren. (Gesehen am 31.Dezember – anschließend Feier im Foyer zusammen mit dem Ensemble und Begrüßung des neuen Jahres 2019.)

Lo Strano Caso del Cane Ucciso a Mezzanotte. Von Simon Stephens nach dem Roman von Mark Haddon. Mit Daniele Fedeli als Christopher und mit Elena Russo Arman, Davide Lorino, Alice Redini, Corinna Agustoni, Marco Bonadei, Cristina Crippa, Alessandro Mor, Nicola Stravalaci, Debora Zuin. Regie: Ferdinando Bruni und Elio De Capitani. Bühne: Andrea Taddei. Kostüme und Zeichnungen: Ferdinando Bruni. Video: Francesco Frongia.
Eine Koproduktion des Teatro Elfo Puccini di Milano und des Teatro Stabile di Torino (2018).

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Haddons Roman ist auf Deutsch unter dem Titel Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone (Blessing 2005/2015) erschienen. Die deutsche Fassung des Theaterstücks wurde 2013 in Dresden zum ersten Mal aufgeführt.