Genua im Oktober – Rund um den alten Hafen scheint die Welt noch in Ordnung. Sobald man aber nur wenig in Richtung Sampierdarena geht, spürt man bereits am Verkehrsaufkommen das Drama Genuas. Der Einsturz des Ponte Morandi am 14. August hat das volkstümliche und industrielle Herz der Stadt getroffen und die „Superba“ praktisch in zwei Hälften geteilt. 43 Menschen starben, 566 Bewohner musste Hals über Kopf ihre Häuser verlassen. Jetzt durften sie für zwei Stunden zurückkehren und in höchstens fünfzig Kartons ein Teil von Hab und Gut sichern und in ihre Notunterkünfte bringen.
Während sich der Streit um Abriss, Räumung und Wiederaufbau zwischen Regierung in Rom und der Regionalverwaltung quälend lang hinzieht und eine Gesetzesdekret zur finanziellen Unterstützung der Unternehmen auf sich warten lässt (Güterumschlag im Hafen seit August: minus 20 Prozent), versuchen die Genuesen sich selber Mut zu machen. Kultur (Kunst-, Musik-, Literaturveranstaltungen) spielt dabei eine Hauptrolle. Im Dezember wird es auch eine Ausstellung mit Erinnerungsgeschichten über das Leben mit der Morandibrücke seit ihrer Eröffnung 1967 („Quella volta sul ponte“) geben.
Und während man unter einer milden Herbstsonne am alten Hafen spazieren geht und skeptisch zur Hochstraße hochblickt, die am Palazzo San Giorgio vorbeiführt, wünscht man Genua – römisches Chaos hin, eigener Stolz her – möglichst bald die Überwindung des Ausnahmezustands und eine Rückkehr zur Normalität.