Parma, Mitte März – Der Himmel liegt grau über der Stadt Correggios und Toscaninis, aber Regen will nicht fallen. Der Fluss Parma verliert sich in seinem tief gelegenen Bett. Er tröpfelt dahin, als sei Hochsommer, dabei blühen gerade erst die Kirschbäume. In der Caffetteria an dem Viale Toschi glitzert noch die Weihnachtsdeko über dem Tresen. Bevor man bestellt, weist der Gast sich durch seinen „Greenpass“ aus. Auf einem der Tische liegt die Gazzetta di Parma. 450 Flüchtlinge aus der Ukraine sind angekommen. Die meisten finden Unterkunft bei Verwandten und Bekannten oder in religiösen Einrichtungen. Tagesgespräch ist das Fußballstadion. Das neue „Stadio Ennio Tardini“ soll das alte (aus den 1920er Jahren, zuletzt umgebaut 1993) nicht komplett ersetzen, sondern am selben Ort erweitern und modernisieren. Am Teatro Regio laufen die letzten Proben für Bellinis „Norma“ dirigiert von Sesto Quatrini aus Vilnius (Litauen). Während man am späten Vormittag vorbei am Verdi-Denkmal auf den Palazzo della Pilotta zugeht, warten einige Schüler und Studenten aber auch Rentner auf den kniehohen Einfassungen der Piazza della Pace sitzend vergeblich auf Sonne. Hunde werden spazieren geführt.
In der Pilotta steht die Ausstellung „I Farnese. Architetture, Arte, Potere“ vor der Eröffnung. In der merkwürdig unfertigen Palastanlage wurde das herrlichen Teatro Farnese im frühen 17. Jahrhundert unter Ranuccio I. Farnese in einem riesigen Waffensaal eingerichtet. Würden doch alle Waffensäle der Welt heute zu Theaterräumen umgerüstet! Im Dante-Saal der Biblioteca Palatina werden Dokumente neuer Forschungen ausgestellt, die belegen, dass die erste Ausgabe der „Gazzetta“ am 20. Juni 1728 erschienen war. Ihre Gründung fällt somit in die Endzeit der Herrschaft der Farnese. Auf der Suche nach einem Platz zum Mittagessen hört man die eigenen Schritte auf dem Pflaster der Gassen hinter Dom und Baptisterium. Es herrscht eine Ruhe in der historischen Innenstadt, wie man sie in Mailand nicht einmal nachts kennt.