Frauen


Zwei Eigenproduktionen des Piccolo Teatro „Ho paura torero“ und „Come tremano le cose riflesse nell’acqua (čajka)“, mit denen die Mailänder Bühne ins neue Jahr gestartet ist, gehören zu den Höhepunkten dieser Spielzeit Mailand – Das Piccolo Teatro Milano hatte in der vergangenen Saison versucht, mit seinen Aufführungen die Beziehung zwischen Wirklichkeit und Darstellung zu durchleuchten. In der gegenwärtigen Spielzeit 23/24 geht es um „Il corpo delle parole“ also um die Körperlichkeit der Sprache auf der Bühne. Wobei u. a. der Dialog mit der Literatur, etwa mit der Welt des Romans, gesucht wird. Aber auch die Auseinandersetzung mit der dem Theater eigenen Dramaturgie von der Klassik bis hin zu kritischen Neuerfindungen des 20. Jahrhunderts. Mit zwei Inszenierungen hat die Mailänder Bühne gerade diesen Ansatz eindrucksvoll unterstrichen: Ho paura torero („Torero, ich habe Angst“) von Pedro Lemebel und Come tremano le cose riflesse nell’acqua (čajka) („Wie zittern die sich im Wasser spiegelnden Dinge“) eine Bearbeitung von Tschechows „Die Möwe“ durch Liv Ferracchiati.

„WIR MÜSSEN SANFT IRONISCH SEIN“


100 Jahre Maria Callas. Mailand feiert sie u.a. mit Ausstellungen im Museo Teatrale alla Scala und in den Gallerie d’Italia. Dazu Erinnerungen von Ingeborg Bachmann und Adriano Sofri Mailand – Maria Callas wurde am 2. Dezember 1923 in New York geboren. Ihre Karriere band sie früh an Italien und an Mailand. Sie lebte einige Jahre unter der Madonnina und prägt ausgehend von ihren Erfolgen an der Scala das gesellschaftliche Leben in den Mailänder Salons der 1950er-Jahre. An der Scala trat Maria Callas zwischen 1950 und 1961 mit insgesamt 23 Titeln in 26 Aufführungen (darunter sechs Saisoneröffnungen) auf. Die Stadt feiert sie jetzt zu ihrem 100. Geburtstag als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der Operngeschichte mit einem Reigen von Veranstaltungen (Info hier). Zum Beispiel mit einem Abend über Pasolini und die Callas im Piccolo Teatro. Im Mittelpunkt stehen aber zwei Ausstellungen im Museo Teatrale alla Scala (bis 30. April 2024) und in den Gallerie d’Italia Intesa Sanpaolo (bis 18. Februar 2024).

DAS LETZTE MÄRCHEN



Der Krimi „Groll“ von Gianrico Carofiglio, der sich mit der Ermittlerin Penelope Spada ein weibliches Alter ego geschaffen hat. Mailand – Staatsanwalt, Politiker, Fachbuchautor, Kampfsportler: Gianrico Carofiglio, 1961 in Bari geboren, ist in seinem Leben bereits in viele Rolle geschlüpft – und hat sie wieder verlassen. Seit Jahren feiert der Intellektuelle und gesellschaftlich kritisch engagierte Schriftsteller auch im deutschen Sprachraum Erfolge mit seinen Kriminalromanen. Im Folio-Verlag ist gerade der Titel „Groll“ erschienen. Darin geht es um den unerwarteten Tod eines bekannten Chirurgen und Professors der Medizin. Ein natürlicher Herzinfarkt, wie von ärztlicher Seite bestätigt, oder ein Verbrechen, wie die Tochter des Verstorbenen vermutet? Widerwillig nimmt die private Ermittlerin Penelope Spada sich dieses Falles an.

RICHTIG FRAGEN


Die 18. Internationale Architekturbiennale „The Laboratory of the Future” stellt in Venedig Afrika in den Mittelpunkt und setzt sich mit Fragen der Dekarbonisierung wie der Dekolonisierung auseinander. Kritiker beklagen eine Architekturbiennale ohne Architektur. Venedig/Mailand – Die 18. Internationale Architekturbiennale, die noch bis Ende November zu besichtigen ist, will eine Biennale des Umbruchs sein. Keine Schau, keine Präsentation des Bauens und Planens mehr, wie wir heute leben, sondern eine Werkstatt der Ideen, der Kritiken, der Erinnerungen, um über das Leben morgen nachzudenken. Ein „Labor der Zukunft“, so der Titel, den die schottisch-ghanesische Kuratorin Lesley Lokko ihrer Biennale gegeben hat. Die 59-jährige Architekturtheoretikerin verzichtet dabei auf bekannte Namen, sie setzt auf junge Teilnehmer und Teilnehmerinnen – Durchschnittsalter: 43 Jahre – und rückt zum ersten Mal in der Geschichte der Biennalen Afrika in den Mittelpunkt ihrer Untersuchung. Vieles ist anders in diesem Jahr, was allerdings die Ausstellungsbereiche (Arsenale, Giardini, weitere Orte im Zentrum Venedigs) angeht, hält sie sich jedoch an die übliche Aufteilung.

„WIE SCHWER ES IST, SCHWARZ ZU SEIN“



Zwischen Mobiltelefon und Zombie-Ballett: Ernste Opern – nicht alle ganz ernst genommen – sowie große Stimmen auf dem Rossini Opera Festival. Im nächsten Jahr kehrt u. a. „Il barbiere di Siviglia“ zurück. Pesaro/Mailand (bis 23. 8.) – Das 45. Rossini Opera Festival (ROF) der Adriastadt Pesaro steht in diesem Jahr ganz im Zeichen des „ernsten“ Rossini. Neben der Neuproduktion „Adelaide di Borgogna“ und der zum ersten Mal vom ROF aufgeführten Inszenierung von „Eduardo e Cristina“ wurde eine Wiederaufnahme des „Aureliano in Palmira“ gezeigt. Dazu Konzertabende wie die „Cantata in onore del Sommo Pontefice Pio IX” oder die „Petite messe solennelle”. So als wollte man das große Verdienst des Festivals unterstreichen, das von Beginn (1980) an die verschüttete Tradition von Rossini als Komponisten der Opera seria wieder aufleben ließ. Und damit weltweit eine Rossini-Renaissance auslösen konnte. Zuvor war die Rezeption des  „Schwans von Pesaro“ auf wenige Werke der Opera buffa („Il barbiere di Siviglia“, „L’italiana in Algeri“) beschränkt geblieben.

SAPPHISCHE KÜSSE