Sardinien


Cagliari, Mitte April 2016 – Nach einem stürmisch kühlen Tag ist der Frühling zurückgekehrt. Die Schwalben jagen über die Dächer und, wo immer die Natur Boden findet, grünt und blüht es. Gelber Ginster überall. Baustellen erschweren Spaziergänge in der Innenstadt oder auf dem Kastell-Hügel. EU-Gelder sollen bei Instandsetzungen und Restaurierungen helfen. Die Zeitungen erinnern an ein Fährunglück der Linie Livorno Olbia vor 25 Jahren, bei dem 140 Personen ums Leben kamen. Noch immer sei die Schuldfrage nicht geklärt. Nach jüngsten Berechnungen des staatlichen Statistikamtes Istat bleibt Sardinen das Armenhaus Italiens. Die privaten Einkommen gingen gegenüber dem Vorjahr um über vier Prozent (Landesdurchschnitt 2,7 Prozent) zurück, die sardischen Provinzen Ogliastra und Medio Campidano liegen auf den letzten beiden Plätzen der 110 Provinzen Italiens. Cagliari hält immerhin Position 34.

In Cagliari


Die Fotografin Marianne Sin-Pfältzer – eine Erinnerung Nuoro. Marianne bastelte gerne Schmuckstücke, Modeschmuck aus Holz oder Hämatit, Jade oder Onyx, und manchmal verkaufte sie auch das eine oder andere Stück auf kleinen Märkten. Das hätte mal ihr Beruf werden können, erzählte sie bei meiner letzten Begegnung mit ihr. In ihrer kleinen Wohnung in Nuoro hatte sie in vielen Schachteln „ihre Schätze“, wie sie die Schmuckarbeiten nannte, aufbewahrt. Marianne Sin-Pfältzer wurde 1926 in Hanau geboren. Nach dem Abitur kam sie zum Kunstgewerbe, weil sie nicht wie ihre Mutter, die ein Studio in Hanau betrieb, Fotografin werden wollte. Ihr Vater, ein Arzt, hatte während der Nazi-Diktatur mit Widerstandskämpfern vom Kreisauer Kreis sympathisiert, konnte aber der Verfolgung durch die Gestapo entgehen. Er starb bei einem Verkehrsunfall kurz nach Kriegsende.

LETZTE HEIMAT SARDINIEN



Eine Reise mit Fotos von Marianne Sin-Pfältzer Nuoro. Kinder, ein kleiner Hafen, das nachdenkliche Gesicht eines Fischers, Reisende der ersten Klasse, die ein Fährschiff verlassen, und junge Esel, die aus einer Luke der Fähre an Land geführt werden – mit dieser Bilderfolge aus den fünfziger Jahren führt Marianne Sin-Pfältzer in ihr Fotobuch über Sardinien ein. Es ist der Beginn einer Zeitreise, die bis in die Mitte der siebziger Jahre reicht – also bevor der Tourismus die Insel für sich entdeckte.

NACH SARDINIEN, BEVOR DIE TOURISTEN KAMEN


Auf Sardinien wurden erneut Großskulpturen aus der späten Nuraghenzeit gefunden Cagliari (November 2014). Die „Giganten von Mont’e Prama“, überlebensgroße Sandsteinfiguren vermutlich aus dem 9. oder 8. Jahrhundert v. Chr., gehören seit kurzem zu den Höhepunkten der archäologischen Museen von Cagliari und Cabras auf der Mittelmeerinsel Sardinien. Das sind archaische Darstellungen von Bogenschützen, Kriegern und Handschuhkämpfern. Bei mehreren Grabungskampagnen zwischen 1975 und 1979 legten Wissenschaftler in Westsardinien unweit von Cabras (Provinz Oristano) kleine Bereiche einer vermutlich ausgedehnten Nekropole aus der Zeit der späten Nuraghen-Kultur am Hang des Hügels Mont’e Prama frei.

DIE GIGANTEN VON MONT’E PRAMA



Sardinien und der kulturelle Aufbruch der Regionalhauptstadt Cagliari Cagliari (16.12.2013) – Die Altstadt von Cagliari liegt innerhalb historischer Befestigungsanlagen auf einem felsigen Hügel am Golfo degli Angeli im Süden von Sardinien, der zweitgrößten Insel des Mittelmeers. Zu Füßen des Hügels dehnen sich nach Osten wie nach Westen Lagunen aus, in denen früher Salz gewonnen wurde und heute Flamingos brüten. Vom Hafen zieht sich die Marina, eine ehemalige Fischersiedlung, zum Kastell und zur Oberstadt hoch. Reisende, die sich einst Cagliari vom Meer her näherten, sahen wie D.H. Lawrence „eine nackte Stadt, die sich steil und vergoldet aus der Fläche inmitten der gestaltlosen, tiefen Bucht aufreckt.“ Der Engländer, der Sardinien zusammen mit seiner deutschen Frau Frieda von Richthofen kurz nach dem ersten Weltkrieg bereiste, empfand die Hauptstadt der Insel „fremdartig, fast schön, überhaupt nicht italienisch.“ Ein Ort „verloren zwischen Europa und Afrika, keinem zugehörig.“ Sein Buch „Das Meer und Sardinien“, das nach dieser Reise entstand, prägte lange Zeit das Sardinienbild der europäischen Öffentlichkeit. Das war eine Reise in ein mittelalterlich anmutendes Leben, „das in sich ruht und kein Interesse an der Welt draußen hat.“ Als im Hinterland die Zeit stehen blieb Cagliari hat dabei immer eine Sonderolle gespielt, weil die Eroberer vom […]

DIE GRÜNE STADT AM MEER