Fotografie


Fondazione Prada (2): Eine Ausstellung lässt unterschiedliche Kunstströmungen und kulturelle Tendenzen in Italien zwischen den beiden Weltkriegen wieder aufleben. Dabei ist ein überraschend pluralistisches Bild der Zeit entstanden.  Mailand (Fondazione Prada bis 25. Juni) – Italien diskutiert über alten und neuen Faschismus. Rechtsradikale Gruppen wie die Casa Pound drängen in die Politik. Sie solidarisieren sich mit Gewalttaten von Einzeltätern gegen Ausländer. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten wünschen sich viele Italiener Umfragen nach einen starken Mann an der Spitze. In diesem Klima zeigt die Fondazione Prada eine seit langem vorbereitete Ausstellung über Kunst und Kultur in Italien zwischen 1918 und 1943. Im Mittelpunkt stehen rund 500 Arbeiten vorwiegend der Malerei, der Skulptur und der Architektur aus einer Periode, die von 1922 an politisch wie gesellschaftlich vom Faschismus beherrscht wurde.

HISTORISCHES BLOW UP


Das Kunsthistorische Institut in Florenz versteht sich 120 Jahre nach seiner Gründung als ein Labor für global vernetzte Wissenschaft. Zugleich führt der digitale Umbruch in Photothek und Bibliothek zu einer überraschenden Neubewertung analoger Medien. Florenz – Welche Aufgaben hat eine moderne Kunstgeschichte? Der Kunsthistoriker Gerhard Wolf sieht sein Fach „in der Verantwortung von großen Fragen“. Dazu gehören: Das kulturelle Erbe, das kollektive Gedächtnis, die visuelle und die materielle Kultur im weitesten Sinne. Der Wissenschaftler leitet zusammen mit Alessandro Nova das Kunsthistorische Institut in Florenz (KHI), das seit 2002 zur Familie der Max-Planck-Gesellschaft gehört. Das Institut, eine der ältesten kunsthistorischen Forschungseinrichtungen weltweit, feiert jetzt am 12. Dezember sein 120jähriges Bestehen.

„EIN EXTREM SPANNENDER ORT“



Die Biennale Foto/Industria in Bologna denkt über die Beziehung von Mensch, Maschine und Arbeit nach. Zu entdecken (oder wieder zu treffen) sind 14 Fotografen aus drei Erdteilen, ungewöhnliche Ausstellungsorte sowie eine private Kulturstiftung. Bologna (Fondazione MAST und an anderen Orten bis 19.11.) – Zum dritten Mal wird in Bologna eine Biennale über Fotografie aus Industrie und Arbeitswelt veranstaltet. Zu sehen sind Ausstellungen von 14 Fotografen aus Europa, Amerika und Asien. Ihre Arbeiten werden an unterschiedlichen Orten der Innenstadt sowie in der Foto Gallery der Fondazione MAST präsentiert. Dabei mischen sich Sparten, Zeiten und Herangehensweisen. Der Bogen reicht von einem unbekannten Fotografen, der mit einer Reportage im Jahr 1917 die rasante Entwicklung des Industriestädtchens Lynch im Kohlegebiet von Kentucky dokumentiert, bis zum Italiener Carlo Valsecchi, der mit extrem strukturierten Bildern den Aufbau einer neuen Fabrik von Philip Morris 2016 bei Bologna begeleitet. Vom Amerikaner Lee Friedlander, der 1986 in Bosten Menschen an ihren Arbeitsplätzen beobachtet hat, bis zum Schweden Mårten Lange, der 2007 hochtechnologischen Maschinen der Nuklearforschung eine ganz poetische Dimension gibt.

IDENTITÄT UND ILLUSION


Italien entdeckt mit einer Ausstellung in Bologna die expressionistische Fotowelt von Jakob Tuggener Bologna (bis 17.4.) – Unter den bedeutenden Fotografen des 20. Jahrhunderts ist der Schweizer Jakob Tuggener (1904-1988) der große Unbekannte. Sein Werk durchziehen so unterschiedliche Themenbereiche wie das Arbeitsleben in der Fabrik oder die Luxuswelt auf Ballveranstaltungen der Oberschicht. Eigenwillig und starrköpfig hatte sich Tuggener sein Leben lang von der Ausstellungsszene und der Verlagswelt ferngehalten. Zu Lebzeiten veröffentlichte er mit „Fabrik“ (1943) einen einzigen Fotoband. Ohne Folgen blieben Ausstellungserfolge am Museum of Modern Art in New York (1955) oder in München (1969). Nach seinem Tod entwickelte sich ein zäher Streit um sein Erbe. Seit wenigen Jahren wird die Bedeutung des Fotografen aus Zürich, der expressionistische Einflüsse mit der Industriefotografie zu verbinden wusste, langsam auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Bei Steidl (Göttingen) erschien 2012 ein Reprint seines Fabrik-Bandes. In der Foto-Gallery des Kulturzentrum MAST von Bologna ist gerade eine Ausstellung unter dem Titel „Jakob Tuggener Fabrik/Nuits de Bal“ zu sehen.

ZWISCHEN SEIDE UND MASCHINEN



Mailand (Spazio Oberdan bis 6.1.). In den 1930er-Jahren war das Fernsehen kaum mehr als ein Versprechen auf die Zukunft. Und der Film blieb vom technischen Aufwand her ein schwerfälliges Unterfangen. Es war die Fotografie, die eine Hauptrolle bei der Dokumentation von gesellschaftlichen Vorgängen zu spielen begann. Mehr noch: Immer handlichere Fotoapparate ließen sie auch für den nicht professionellen Einsatz interessant werden. Die junge Antonia Pozzi, 1912 in Mailand geboren und in einer Familie des Bildungsbürgertums aufgewachsen, war dabei, diesen Weg vom Amateurhaften zum Professionellen einzuschlagen. Auf einer Ausstellung der Fondazione Cineteca Italiana mit dem Titel Sopra il nudo cuore („Über dem nackten Herzen“) kann man in dem Spazio Oberdan  ihre Fotos entdecken.

Antonia Pozzi: Die Poesie der Fotografie