Ferrara


Ferrara (2): Die Ausstellung „Renaissance in Ferrara“ über Ercole de‘ Roberti und Lorenzo Costa präsentiert zwei wichtige Künstler am Hof der Este und in Norditalien Ferrara ­(Palazzo dei Diamanti bis 19. 6.) – Ferrara liegt heute etwas abseits in der östlichen Emilia. Aber es gab eine Zeit, in der der Ort als ein Zentrum künstlerischer Szenarien nicht nur in Italien galt. Während der Herrschaft von Borso d’Este zwischen 1450 und 1471 bildete sich in der Residenzstadt am Po einer Gruppe von Künstlern heraus, die in der Lage waren, eine höchst originelle Sprache zu schaffen. Sie verblüfft noch heute durch ihre raffinierten, manchmal bizarren Lösungen voller Symbole und Bezüge zur nordischen Kunst. Ercole de‘ Roberti und Lorenzo Costa gehörten zu dieser „Schule von Ferrara“. Nach einem komplexen Restaurierungs- und Sanierungsprojekt zeigt der Palazzo dei Diamanti anlässlich seiner Wiedereröffnung eine große Ausstellung, die diesen beiden Künstlern aus der Ferrareser Renaissance gewidmet ist.

ZWISCHEN ROSEN


Ferrara (1): Der IX Premio Fondazione VAF im Castello Estense Ferrara (Castello Estense bis 4. Juni) – Der Kunstpreis der VAF-Stiftung, der seit 2003 bis auf Ausnahmen alle zwei Jahre vergeben wird, hat sich in den deutsch-Italienischen Kunstbeziehungen inzwischen einen festen Platz erobert. Auf seine Art einzigartig fördert er junge italienische Künstlerinnen und Künstler unter 40 Jahre und macht sie mit Ausstellungen in Deutschland und Italien bekannt. Nach einer ersten Präsentation der Endauswahl der IX. Ausgabe des Premio Fondazione VAF in der Staatsgalerie Kiel 2022 werden die Werke von Protagonisten aus der jungen italienischen Kunstszene jetzt in Ferrara im Castello Estense gezeigt.

BRÜCKENSCHLAG



Eine Installation des Designers Gaetano Pesce („Maestà sofferente“) wird von italienischen Feministinnen als frauenfeindlich kritisiert Mailand/Ferrara – Die Formung ist weiblich rund, weich und hat etwas Beschützendes. Doch sie ist verletzt durch Hunderte von Feilen, die in ihr stecken. Die überdimensionale, acht Meter hohe Installation von Gaetano Pesce trägt den Namen „Maestà sofferente“ – die „leidende Majestät“, oder die „leidende Würde“. Zur Installation von Pesce gehören eine ebenso überdimensionale Kugel, die an den zentralen Körper durch eine Schnur gekettet ist, sowie Skulpturen wilder Tiere, die die „Maestà“ belagern. Vor wenigen Jahren hatte der heute 82jährige Künstler und Designer sie zum ersten auf dem Mailänder Domplatz präsentiert. Gegenwärtig prägt sie den Eingang zum Messegelände in Ferrara, wo sie nach einer Initiative von Vittorio Sgarbi, dem streitbaren Kunstkritiker und Präsidenten der Vereinigung „Ferrara Arte“, am 8. März zum Weltfrauentag aufgestellt wurde (hier ein Video).

„DIE FRAU IST KEIN MÖBELSTÜCK“


Giorgio Diritti erzählt vom Leben des Malers und Bildhauers Antonio Ligabue – und vom Umgang der Gesellschaft mit einem Außenseiter  Mailand (Cinema Arcobaleno) – Von klein auf schwer traumatisiert und am Rande der Gesellschaft lebend fand Antonio Ligabue (1899 – 1965) in einer Kleinstadt am Po weitgehend autodidaktisch zur Malerei und Bildhauerei. Mit ausdrucksvollen, bizarren Tier- und Naturschilderungen, aber auch mit vielen Selbstporträts mischte er naive Ansätze mit kunstvoll expressionistischen Elementen. Dem Film Volevo nascondermi („Ich wollte mich verstecken“) geht es dabei weniger um Ligabues künstlerische Entwicklung, sondern um sein Leiden mit sich und seiner Umwelt und wie sich das in seinen Werken niederschlägt.  Wobei sich biographische Fakten und Elemente einer Fabel durchmischen. Großartig Elio Germano, der für seine Darstellung des nervlich zerrissenen und von der Gesellschaft abgestoßenen Künstlers auf der Berlinale 2020 ausgezeichnet wurde.

im Kino: Volevo nascondermi



Briefe aus der Quarantäne (13 und Schluss):  Die Schwalben sind da, Träume an frischer Luft, Bassani und Bella Ciao auf dem Balkon Mailand (17. April) – Freitag nach Ostern, der vierzigste Tag im Ausnahmezustand. Zu Zeiten der Pest hätte jetzt die Quarantäne geendet. Doch bei Corona muss ich mich weiterhin mit minimalen Freigängen zufrieden geben. Immerhin heute Morgen, beim verlängerten Rückweg vom Zeitungskiosk, haben mir die Zeitläufe und das herrliche Wetter ein Geburtstagsgeschenk gemacht: die Schwalben sind zurück! Hoch oben am Himmel schossen sie an der Ecke zur Via Settala durch die Luft, gut zu erkennen am gegabelten Schwanz. Bald werden sie unter den Dachüberständen ihre Nester beziehen und mit Sri-Rufen nach Futter für den Nachwuchs jagen.  Derweil bleibt die Lombardei – die „Schwester Schwabens“ nennt Hölderlin sie – mit bis heute 11.600 Toten die am stärksten betroffene Region Europas. Gestern starben wieder 231 Menschen.

LASST MICH INS OFFENE, FREUNDE!