Landschaft


Mailand (Auszug aus „Gebrauchsanweisung für Italien„, Neuausgabe) – Italien hat alles. Es hat hohe, prächtige Berge, an der Grenze zu Frankreich sogar die höchsten Europas. Es hat von flirrendem Licht durchzogene Ebenen in den Niederungen des Po sowie im Küstenland Venetiens und des Friauls. Es hat ein kräftiges Mittelgebirge, das sich wie eine Art Wirbelsäule die Halbinsel entlangzieht, die nach ihm seinen Namen trägt: Apenninhalbinsel. Es hat herrliche Binnenseen. Es hat, die Inseln eingeschlossen, mehr als 8000 Kilometer lange Küsten, meist felsig, aber auch oft sandig auslaufend, zur besonderen Freude der Badegäste.

Unterwegs in Italien


Maddalena Fingerle ist mit dem Roman „Muttersprache“ ein bemerkenswerter Erstling gelungen, den Maria Elisabeth Brunner ebenso bemerkenswert übersetzt hat (Folio Verlag) Mailand – Der junge Italiener Paolo Prescher wächst in Bozen unter nicht ganz leichten Umständen auf. Sein Vater ist verstummt, seine größere Schwester bösartig und verlogen, seine Mutter vor allem mit sich selbst beschäftigt und Jan, sein bester Schulfreund, macht sich noch in die Hose. Kein Wunder, dass auch der junge Paolo Nerven zeigt: übersensibel an der Grenze zum Wahn leidet er darunter, dass ihm die Wörter „dreckig“ gemacht werden. Er merkt, „dass die Sprache, die ich spreche, schmierig ist und ich es nicht mehr schaffe, mich auszudrücken.“ Das ist die Ausgangssituation des Romans „Muttersprache“ von Maddalena Fingerle, der in der ­– um es gleich zu sagen – tollen Übersetzung von Maria Elisabeth Brunner bei Folio (Bozen/Wien) vorliegt.

DAS GEHEIMNIS DER BUCHSTABEN



Parma, Mitte März – Der Himmel liegt grau über der Stadt Correggios und Toscaninis, aber Regen will nicht fallen. Der Fluss Parma verliert sich in seinem tief gelegenen Bett. Er tröpfelt dahin, als sei Hochsommer, dabei blühen gerade erst die Kirschbäume. In der Caffetteria an dem Viale Toschi glitzert noch die Weihnachtsdeko über dem Tresen. Bevor man bestellt, weist der Gast sich durch seinen „Greenpass“ aus. Auf einem der Tische liegt die Gazzetta di Parma. 450 Flüchtlinge aus der Ukraine sind angekommen. Die meisten finden Unterkunft bei Verwandten und Bekannten oder in religiösen Einrichtungen. Tagesgespräch ist das Fußballstadion. Das neue „Stadio Ennio Tardini“ soll das alte (aus den 1920er Jahren, zuletzt umgebaut 1993) nicht komplett ersetzen, sondern am selben Ort erweitern und modernisieren.  Am Teatro Regio laufen die letzten Proben für Bellinis „Norma“ dirigiert von Sesto Quatrini aus Vilnius (Litauen). Während man am späten Vormittag vorbei am Verdi-Denkmal auf den Palazzo della Pilotta zugeht, warten einige Schüler und Studenten aber auch Rentner auf den kniehohen Einfassungen der Piazza della Pace sitzend vergeblich auf Sonne. Hunde werden spazieren geführt.

In Parma


Casa di Goethe (2): Gregor H. Lersch wird neuer Leiter der Casa di Goethe in Rom. Die von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanzierte Einrichtung kann im Mai ihr 25jähriges Jubiläum feiern Mailand/ Rom – Wachwechsel an der Casa di Goethe in Rom: Der Kulturwissenschaftler Gregor H. Lersch folgt im April auf die Literaturwissenschaftlerin Maria Gazzetti, die die Einrichtung von 2013 an bis jetzt geleitet hat – in der Nachfolge auf die Historikerin Ursula Bongaerts, die die Casa di Goethe 1997 aufgebaut und 16 Jahre lang geführt und geprägt hatte. Der 43jährige Gregor H. Lersch hatte zuletzt am Jüdischen Museum Berlin den Bereich Ausstellungen verantwortet. Die Casa di Goethe ist eine kleine, aber lebendige deutsche Kultureinrichtung  mit einer festen Sammlung (Kunstgegenstände und Dokumente zu Goethe und der Goethezeit in Italien), wechselnden Ausstellungen, Bibliothek und Veranstaltungen. Träger ist der Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute e. V. (AsKI) in Bonn, finanziert wird sie von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Es ist das Anliegen des neuen Leiters, „die italienische Öffentlichkeit für diesen vielschichtigen literarischen Erinnerungsort zu begeistern und hier internationale Perspektiven aus Kunst und Literatur zu diskutieren.“

„INTERNATIONALE PERSPEKTIVEN“



Procida zwischen Verkehrsbeschränkungen und einem Lesemarathon der Vereinigung Deutsch-Italienischer Kultur-Gesellschaften von Stuttgart bis Hamburg Mailand – Procida, „Arturos Insel“ im Roman von Elsa Morante, bereitet sich auf die Saison als italienische Kulturhauptstadt 2022 vor. Um den zu erwartenden Zufluss von Besuchern zu regulieren, hat die Gemeindeverwaltung beschlossen, den Auto- und Motorradverkehr mit Ausnahme der Anwohner drastisch einzuschränken. Oder wie es im Paragraph eins einer kommunalen Anordnung heißt:  „Vom 1. März 2022 bis zum 31. Dezember 2022 ist es verboten, auf der Insel Procida Kraftfahrzeuge, Motorräder und Mopeds zu fahren, die nicht der ständig auf der Insel ansässigen Bevölkerung gehören, auch wenn sie im Miteigentum von dort ansässigen Personen stehen.“ Als Elsa Morante ihren Roman 1956 schrieb, in dem es um Kindheitserinnerungen aus den 1920er Jahren auf einer paradiesischen Insel geht, spielt der KFZ-Verkehr absolut keine Rolle. Wie auch die Leserinnen und Leser erfahren, die am diesjährigen Lesemarathon der Vereinigung Deutsch-Italienischer Kultur-Gesellschaften (VDIG) teilnehmen.

ARTUROS INSEL